Gemäß NZZ ist die EU bestrebt, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Dabei ist vor allem der Güterverkehr gemeint.
Erstaunlicherweise wird in dem Artikel geschrieben, dass Lettland einen Bahnanteil von 64% beim Güterverkehr haben soll, im Gegensatz zu 40% in der Schweiz. Das ist bemerkenswert, denn zwischen den baltischen Ländern und dem Rest der EU gibt es wegen des Wechsels der Spurweite einen großen Nachteil für den Güterverkehr und außerdem verläuft die direkteste Bahnstrecke ein Stück durch Weißrussland. In einwohnermäßig so kleinen Ländern würde man einen hohen Anteil an grenzüberschreitendem Verkehr erwarten.
Gesehen habe ich 2003, 2005 und 2008, dass einer der beiden damals vorhandenen Straßenübergänge zwischen Litauen und Polen einen sehr hohen Lkw-Anteil am Verkehrsaufkommen hatte. Etwa 2/3 der Fahrzeuge auf der zur Grenze führenden litauischen A5 waren Lastwagen, etwa 400 pro Stunde. Das ist keine professionelle Messung, sondern nur eine Schätzung und Momentaufnahme.
Hier ist mit der Rail Baltica genannten Bahnverbindung von Warschau durch die baltischen Ländern bis nach Estland und vielleicht sogar bis nach Finnland eine Verbesserung geplant, wenn dieses Projekt einmal vorankommt. Es bleibt aber interessant, welche Lösung für die Spurweite sich in den baltischen Ländern langfristig durchsetzen wird. Die inländischen Strecken sind fast alle mit 1520 mm Breitspur gebaut. Für den innerrussischen Ost-West-Verkehr durch Litauen nach Königsberg (Калининград) und den Verkehr von Russland und Weißrussland zu den litauischen, lettischen und estnischen Ostseehäfen wird diese Breitspur auch sinnvoll bleiben, während für den Nord-Südverkehr in die EU-Länder außer Finnland natürlich Normalspur (1435 mm) besser wäre. Rail Baltica ist in Normalspur geplant, es wird also auf jeden Fall Brüche zwischen verschiedenen Spurweiten zu bewältigen geben.
Im Personenverkehr scheint aber in den baltischen Ländern zur Zeit nicht so viel zu laufen, insbesondere die internationalen Verbindungen sind sicher verbesserungswürdig. Aber da kann sich mit dieser neuen Strecke natürlich auch einiges ändern. Dass es nun so sein muss, dass in ehemaligen „Ostblock“-Ländern die Bahn beim Personenverkehr schlecht funktioniert, ist eine falsche Verallgemeinerung. Das benachbarte Weißrussland soll in Bezug auf Personenverkehr mit der Bahn nach Japan und der Schweiz und einigen Stadtstaaten zu den führenden Ländern in der Welt gehören, was den Anteil am Modal Split, die pro Jahr mit der Bahn zurückgelegten Fahrten oder die pro Jahr mit der Bahn zurückgelegten Kilometer betrifft. Man denkt es nicht, wo man doch über dieses Land in anderen Bereichen eher negative Meldungen liest.
Schreibe einen Kommentar