Oft wird die Anlage von Verkehrswegen als öffentliche Aufgabe angesehen und man stellt sich vor, dass dann jeder diese Verkehrswege nutzen kann.
Für den Personenverkehr stimmt das so aber nicht ganz. Eine Straße kann man mit Individualverkehrsmitteln, zum Beispiel Fahrrädern, einfach so benutzen, wenn nur der Verkehrsweg vorhanden ist. Individualverkehrsmittel bringen die Nutzer üblicherweise selber mit.
Bei einer Bahnstrecke hat man als Reisender in der Regel keinen eigenen Zug zur Verfügung, das heißt, dass zu einer nutzbaren Bahnstrecke auch ein fahrplanmäßiger Betrieb dazugehört.
Dieser Betrieb funktioniert am besten, wenn man ein Gesamtsystem plant, mit Anschlüssen in größeren Umsteigebahnhöfen, eventuell Taktfahrplänen und auch mit einer systematisch optimierten Ausnutzung der Streckenkapazität.
Nun liegt es in der Natur der Sache, dass so ein System am besten funktioniert, wenn ein möglichst großer Teil der Reisenden dieses benutzen, vorausgesetzt,man ist bereit, die Infrastruktur bei hoher Nutzung bedarfsgerecht zu erweitern. In vielen Teilen der Welt gilt es als die größte Selbstverständlichkeit der Welt, Straßen bei Überlastung mit Steuergeldern zu erweitern, nur die Budgetknappheit und die langen Zeiträume für Planung und Bau setzen gewisse Grenzen. Wenn man also auch Bahnstrecken, die aufgrund von hohem Reisendenaufkommen überlastet sind, entsprechend ausbaut, dann funktioniert das System umso besser, je mehr Reisende es nutzen:
- Längere Züge und Doppelstockzüge transportieren mit einem Lokführer und einer Fahrplantrasse mehr Personen und brauchen weniger Energie pro Fahrgast.
- Häufiger verkehrende Züge machen das Angebot attraktiver für die Reisenden.
- Wenn viele Züge verkehren, kann man mehr umsteigefreie Verbindungen anbieten.
- Wenn viele Züge verkehren, kann man bei einigen Zügen einen Teil der regelmäßig bedienten Halte auslassen und dadurch die Fahrzeit verkürzen und Energie für das Beschleunigen sparen. Beispiele sind die ICE-Sprinter in Deutschland oder die beiden fast gleichzeitig fahrenden Interregioverbindungen von Zürich nach Bern, von denen eine auf der ersten Hälfte des Weges oft hält und dann den Rest ohne Halt fährt, während die andere die erste Hälfte des Weges ohne Halt fährt und dann auf der zweiten Hälfte oft hält.
- Wenn viele Züge verkehren, kann man Halte näher am Abfahrts- und Endpunkt der eigentlichen Reise anbieten, also die „letzte Meile“ auf dem Weg zwischen Haustür und Bahnhof verkürzen.
Es spricht also einiges dafür, dass man eine staatliche Organisation hat, die nicht nur die Bahnstrecken baut und betreibt (oder bauen und betrieben lässt), sondern die auch einen fahrplanmäßigen Betrieb mit Reisezügen plant. Ob diese Staatsbahn dann selber die Züge betreibt oder ob man diese ausschreibt und von Subunternehmern betreiben lässt, ist in diesem Zusammenhang allerdings zweitrangig.
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