Es gibt häufig diese Situationen, wo zwei Bahnstrecken zusammentreffen.
Man kann also von A nach C fahren und von B nach C. Aber um von A nach B zu fahren, muss man erst über den Vereinigungspunkt der Strecken hinausfahren und dann beim nächsten Bahnhof die Richtung ändern. Bei Triebzügen oder Zügen mit Steuerwagen reicht es, wenn der Lokführer durch den Zug oder am Zug entlang geht, aber oft wechselt dabei auch der Lokführer, damit es schneller geht. Bei Zügen ohne Steuerwagen oder bei Güterzügen muss bei der Gelegeneheit entweder die Lok umgehängt werden oder sogar die Lok gewechselt werden. In dem Fall ist auch noch eine Bremsprobe fällig. Da wir die automatischen Kupplungen in Europa nur in Russland, Ukraine, Weißrussland und dem Baltikum haben, dauert das noch länger und es müssen auch Rangierer vor Ort sein, die das Umkuppeln ausführen können. Wenn nicht sowieso in diesem Bahnhof ein längerer Halt angesagt ist oder sowieso etwas rangiert werden muss, etwa weil Zugteile zusammengehängt oder geteilt werden, dann ist das zeitraubend und teuer. Rollmaterial und Personal werden länger in Anspruch genommen… Am Ende werden potentiell interessante Verbindungen häufig gar nicht angeboten, weil sie mit diesem Richtungswechsel belastet wären.
Die Verbindungskurven sind bei einem Radius von 1000 bis 2000 Metern etwa 1 bis 4 Kilometer lang. Wenn man hochgeschwindigkeitstaugliche Kurvenradien möchte, verdoppelt sich dieser Wert. Das ist nicht sehr lang, aber man hat letztlich für diese Kurve relativ wenig Spielraum bei der Trassierung und so kann auch so eine relativ kurze Strecke einiges kosten.
Interessant sind solche Verbindungskurven für den regulären Betrieb, weil sie einige neue interessante Verbindungen eröffnen oder konkurrenzfähiger machen. Interessant sind sie aber auch für Ausweichverkehr bei Betriebsstörungen. Hier sind ein paar Beispiele von Verbindungskurven, die es gibt und die es nicht gibt, in Deutschland und der Schweiz. Die Orte kann man alle im Internet finden. In diesem Fall empfehle ich Openrailwaymap oder Openstreetmap, weil da die Bahnstrecken besser zu erkennen sind als bei Google.
Vorhandene Kurven:
- Rosenheim: Züge von Wien nach Innsbruck fahren ein Stück durch Deutschland. Seit etwa 25 Jahren gibt es dafür eine Verbindungskurve an Rosenheim vorbei.
- Eichenberg (Hessen): Strecken von Halle nach Kassel und von Göttingen nach Bebra vereinigen sich kurz im Bahnhof Eichenberg. Es gibt die Verbindungskurve von Halle in Richtung Göttingen
- Zofingen: Züge von Bern nach Luzern fahren über diese Verbindungskurve an Olten vorbei. Auf der anderen Seite gibt es eine Verbindungskurve von Basel nach Zürich
- Bern-Wankdorf: Züge von Olten/Zürich in Richtung Thun/Spiez/Interlaken/Domodossola können an Bern vorbeifahren.
- Brugg (Verbindungsgerade): Die Strecke von Zürich läuft auf Brugg zu. Im Westen geht es in drei Richtungen weiter, nach Süden in Richtung Lenzburg/Rotkreuz, nach Westen in Richtung Aarau/Olten/Bern und nach Nordwesten in Richtung Basel/Frick. Eine Brücke überquert die Bahnstrecke nach Westen und verbindet so Frick mit Rotkreuz direkt. Das ist für Güterzüge wichtig
- Zidani Most: Zwischen Marburg an der Drau (Maribor), Ljubljana und Zagreb gibt es an der Save diesen kleinen Ort mit einem Dreick von elektrifizierten zweigleisgen Strecken. Reisezüge halten meist in dem Bahnhof, um das Umsteigen zu ermöglichen, aber Güterzüge können direkt von Graz/Marburg in Richtung Zagreb/Belgrad fahren.
- Vevey: Die Bahnstrecke Bern – Lausanne hat eine Abzweigung nach Vevey. Hier könnte man schnellere Verbindungen von Bern und Freiburg nach Vevey und ins Rhonetal haben, aber man steigt in der Praxis immer in Lausanne um
- Nördlich von Bruchsal gibt es von der Bahnstrecke Heidelberg – Karlsruhe Anbindungen an die Neubaustrecke nach Stuttgart sowohl aus Richtung Karlsruhe als auch aus Richtung Heidelberg.
Nicht vorhandene Kurven:
- Brugg in Richtung Norden zur Bahnstrecke Zürich -Turgi – Waldshut. Damit könnten Schaffhausen und Waldshut sehr viel schneller an Bern und viele andere Orte westlich von Zürich angebunden werden. Eventuell Ausweichstrecke für die Route über Frick von Basel nach Brugg.
- Zofingen II: Es gibt parallel zur Bahnstrecke Zürich – Lenzburg – Aarau – Olten eine eingleisige Strecke von Lenzburg nach Zofingen (etwas südlich von Olten). Als Ausweichstrecke wird sie gelegentlich genutzt, dann mit Richtungswechsel in Zofingen. Eine Verbindung nach Rothrist an Zofingen vorbei würde diese Strecke sehr viel nützlicher machen
- Kerzers an der Strecke von Bern nach Neuenburg wird häufig zur Zugteilung verwendet. Ein Teil fährt nach Neuenburg weiter, ein Teil nach Richtungswechsel in Richtung Murten. Mit einer Verbindungskurve könnte diese Strecke als Ausweichstrecke von Bern nach Lausanne verwendet werden.
- Bad Oldesloe: Wenn die Bahnstrecke von Neumünster nach Bad Oldesloe eine Verbindungskurve in Richtung Lübeck hätte, wäre das immer noch die schnellste Verbindung von Kiel nach Lübeck.
- Rotkreuz: Die Bahnstrecke am Westufer des Zuger Sees ist in Richtung Rotkreuz/Luzern mit der Bahnstrecke Zug – Luzern verbunden. Die Verbindung in Richtung Zug/Zürich fehlt. Demnächst werden die Züge vom Ostufer komplett über diese Strecke umgeleitet, so dass diese Kurve schmerzhaft fehlen wird.
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