Ruhewagen

Manche Bahnen haben Ruhewagen, in denen man sich ruhig verhalten soll, insbesondere Gespräche und Telefonate meiden sollte. Dafür kann man dort weniger gestört lesen oder arbeiten.

Das gab es bei der SBB auch einmal und zwar von 2008 bis 2009. Jetzt immer noch gelegentlich in der ersten Klasse. Man sagt, dass die Fahrgäste nicht bereit waren, diese Regel zu beachten. Man sagt, dass dies auch und insbesondere Ausländer waren. Man sagt, dass es auf keinen Fall in Frage komme, so etwas auch für die 2. Klasse wieder einzuführen. Aber vielleicht lässt sich das auch noch einmal überdenken.

Wenn insgesamt viel Zeit mit Bahnfahren verbringt, stellt sich irgendwann die Frage, wie man die Zeit nutzen kann. Die Gegend anschauen ist mal interessant, aber wenn man oft dieselbe Strecke fährt oder eher langweilige Strecken, ist das nicht immer die beste Antwort. Man kann Leute treffen und ich hatte schon sehr interessante Begegnungen im Zug. Aber manchmal möchte man auch arbeiten oder lesen oder ist sogar darauf angewiesen. Auch in der zweiten Klasse.

Das ist oft nicht so einfach, inbesondere wenn das, was man liest oder lesen muss, nicht so fesselnd ist, dass man alles um sich herum vergisst. Gespräche in der Nähe lenken ab, man versucht, ob man will oder nicht, zuzuhören und es zu verstehen oder es ist nicht leicht, das auszublenden. Geschlossene Kopfhörer helfen, vor allem solche mit „Noise Cancellation“. Ein bisschen kann das helfen, oder auch nicht…

Viele Leute führen ihre Gespräche in gedämpfter Lautstärke. Aber problematisch sind vor allem Rentnergruppen. Naturgemäß hören Senioren oft schlechter und reden deshalb automatisch lauter. Schweizer Senioren sind Frühaufsteher, das heißt, sie sind auch morgens zur Hauptverkehrszeit unterwegs. Es ist ja erfreulich, dass Bahnfahren als Verkehrsmittel so beliebt ist. Aber wenn man etwas lesen möchte, wünscht man sich einen Seniorenwagen oder einen Ruhewagen. Kleine Kinder sind auch manchmal laut, aber das finde ich sehr selten störend und von Kindern kann man in der Hinsicht nicht so viel verlangen, außer von denen, die mit 30 geboren wurden. Außerdem gibt es tatsächlich oft einen Familienwagen, den man aufsuchen oder meiden kann, wenn man mag. Das zweite Problem sind Leute, die Musik so laut hören, dass alle im Wagen sie mithören. Man kann lauschen, woher es kommt und die Leute darauf ansprechen. 50% entschuldigen sich und stellen es leiser, die anderen 50% weigern sich in irgendeiner Weise, weil sie nicht wollen oder weil sie es nicht glauben. Die dritte Störfraktion sind diejenigen, die telefonieren. Bei schlechter Verbindungsqualtität, die man unterwegs oft hat, spricht man automatisch lauter, genau wie die Senioren, die nicht mehr ganz so gut hören wie früher. Man kann zum Telefonieren auch kurz in den Eingangsbereich gehen, aber das geht nicht immer, weil es dort oft zu laut ist. Das Problem hat aber stark abgenommen, weil man sich heute eher schreibt als telefoniert… Aber auch ein normal lautes Gespräch mit dem Gegenüber, wie wir es alle gelegentlich führen und führen dürfen, kann schon stören, wenn man in der Nähe sitzt.

Nun wäre also je mindestens ein Ruhewagen in der ersten und in der zweiten Klasse bei Zügen mit mehr als drei oder vier Wagen schon hilfreich. Die bei der SBB einst eingesetzten Ruhewagen und auch die Ruhewagen bei der deutschen Bahn sind fest zugewiesen und haben Aufkleber. Nun kann es sein, dass das Bedürfnis für Ruhewagen an Wochenenden oder auf Ferienreisen weniger ist als auf Routen mit Berufsverkehr. Außerdem macht es das zusammenstellen der Züge schwieriger, weil man noch einen Parameter mehr beachten muss, wo man doch gerade seit gut 10 Jahren durch den Wegfall der Raucherwagen eine schöne Vereinfachung hatte.

Die sinnvollere Lösung wäre, dass man pro Zugfahrt einen Wagen als Ruhewagen, oder z.B. als Familienwagen oder Seniorenwagen deklarieren kann. Das könnten Displays leisten, die das betreffende Piktogramm bei Bedarf anzeigen.

Ich denke, dass man mit diesem Ansatz Ruhewagen zumindest auf Strecken mit Berufsverkehr und auf Langstrecken einführen sollte.

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