Wegen der Schraubenkupplung kann man in der westlichen Hälfte von Europa gar nicht so lange Güterzüge bilden, denn diese Kupplungen halten nicht dieselben Belastungen aus wie die pufferfreien Kupplungen in Russland und Nordamerika.
Gemäß einer Pressemitteilung der deutschen Bahn sind in Deutschland Güterzüge üblicherweise auf Hauptstrecken bis zu 740 m Länge zugelassen, während es in Nordeuropa 835 m sein sollen, was jetzt für die Strecke von Maschen bei Hamburg zur dänischen Grenze nördlich von Flensburg auch ermöglicht werden soll. Längere Züge brauchen längere Ausweichgleise an Überhol- und Begegnungsbahnhöfen und müssen auch bei der Aufstellung der Signale und der Achszähler berücksichtigt werden. Vielleicht auch bei der Tragfähigkeit sehr langer Brücken. Eine Sensation ist das nicht. In Kanada (und vielleicht auch anderswo in der Welt) waren in den 1980er-Jahren schon Güterzüge von etwa 3 km Länge üblich. Ich habe selbst welche mit 5 Loks und 125 Wagen gesehen. Hier ist ein Film eines Zuges mit zehn Loks. Hier sogar einer mit 13 Loks. Oder hier mit 12 Loks an der Spitze, wobei diese Loks auch noch 180 Tonnen statt der in Europa üblichen 84 Tonnen wiegen.
Für Reisezüge gibt es so eine „Richtlinie“, dass sie bis zu 15 Wagen haben dürfen. Die Anzahl der Wagen nennt man wohl „Zugstärke“. Da die Reisezugwagen normalerweise 26.4 Meter lang sind und die Loks 18.9 Meter, kommt man so auf 415 Meter. Nicht alle Bahnhöfe sind für diese Zuglängen ausgelegt, aber in Deutschland ist das ein Richtwert, der bei den meisten größeren Bahnhöfen eingehalten wird. Längere Reisezüge mit 16 oder 17 Wagen habe ich auch schon gesehen, dann wird es aber knapp und man kann nicht mehr so viele Bahnhöfe anfahren. In der Schweiz war Basel SBB schon seit über 30 Jahren teil des deutschen IC-Netzes mit stündlichen Zügen nach Norden und wahrscheinlich auch für lange Züge vorbereitet. Die Schweiz hat ansonsten aber erst in den letzten 15 Jahren angefangen, weitere Bahnhöfe für längere Züge anzupassen und noch vor wenigen Jahren musste der ICE, der bis Zürich fuhr, kürzer sein als die sonst auf der Strecke verkehrenden ICEs, obwohl dieser durch den längeren Laufweg eigentlich eine größere Nachfrage zu bewältigen hatte.
Sehr gut erklärt!