In Deutschland gilt seit vielen Jahren, dass Hauptstrecken eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h haben. Das war eine vernünftige Wahl, weil man den Ausbau für diese Geschwindigkeit mit relativ moderatem Aufwand erreichen konnte, weil das normale Signalsystem nur bis zu dieser Geschwindigkeit funktionierte und weil normale Reisezugwagen und Loks auch nur bis etwa 140, 150 oder 160 km/h fahren konnten oder durften. Außerdem sind bei Strecken, die für mehr als 160 km/h zugelassen sind, keine Bahnübergänge mehr erlaubt. Die Regelung ist nur begrenzt sinnvoll, aber sie wird durchgezogen. Schaut man sich an, was beim Ausbau für 200 km/h wirklich nötig ist, dann stellt sich heraus, dass oft die Beseitigung der Bahnübergänge das teuerste ist. Nun ist es sicher nicht verkehrt, an wichtigen Bahnstrecken die Bahnübergänge langfristig komplett zu beseitigen. Bahnübergänge sind doch Orte, wo es Unfälle oder einfach nur Störungen geben kann. Und sie stellen auch ein Hindernis für den Straßenverkehr dar, auch für Radfahrer. Aber doch wäre es besser, man würde das Tempo schon auf 200 erhöhen, während es noch Bahnübergänge gibt, an deren mittelfristiger Beseitigung man allerdings tatsächlich arbeiten sollte. Oder wenn zuerst die gefährlichsten Bahnübergänge beseitigen würde, nicht diejenigen, wo 200 gefahren werden soll. An Hauptstrecken alle Bahnübergänge zu beseitigen ist aber in der Tat ein sinnvolles Ziel.
Heute relativieren sich aber viele der Gründe, die Standardhöchstgeschwindigkeit für Hauptstrecken auf 160 km/h festzulegen. Die Beseitigung der Bahnübergänge ist sowieso sinnvoll. Man kommt doch langsam dazu, ETCS einzuführen und sollte das auch forcieren. Damit ist die Grenze vom Signalsystem hinfällig. Rollmaterial ist heute oft für 200 km/h geeignet bzw. es ist leicht, solches zu beschaffen. Ich denke, dass es Zeit ist, dazu überzugehen, 200 km/h als die „normale“ Höchstgeschwindigkeit für Hauptstrecken zu betrachten. Schon heute sind auf einzelnen Abschnitten niedrigere Geschwindigkeitsbeschränkungen definiert und so könnte man auch 160 km/h explizit festlegen, bis die Strecke entsprechend modernisiert ist, also vor allem, bis man sowieso alle Bahnübergänge beseitigt hat und dann noch bei regulären Wartungsarbeiten Oberleitung und Gleise für 200 km/h angepasst hat, soweit das ohne größere Umtrassierung möglich ist. Auf kurvigen Strecken bleibt dann natürlich 160 km/h oder wahrscheinlich ein niedrigerer Wert.
In Nordschweden hat man eine Neubaustrecke gebaut, die im Moment nur von Güterzügen benutzt wird, die aber für 250 km/h ausgebaut ist. Man wird sie mit schnellen Reisezügen befahren, sobald die Nordbotniabanan von Umeå nach Luleå gebaut ist.
Es wäre eine gute Idee, diesen Ausbau auf 200 km/h dort, wo er mit moderatem Aufwand möglich ist, im Rahmen der sowieso fälligen Wartungsarbeiten und der sowieso sinnvollen Beseitigung der Bahnübergänge und Umstellung auf ETCS umzusetzen. Bei Neubaustrecken gilt das erst recht. Die teure Begradigung oder der Neubau von Strecken in dicht besiedelten Gebieten oder in MIttelgebirgsregionen sollte natürlich den besonders wichtigen Strecken vorbehalten bleiben.
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