Güterzug-NBS Köln – Mainz

Die meisten längeren Bahnstrecken in Deutschland und auch in den meisten anderen Ländern Europas entstanden vor dem ersten Weltkrieg. Abgesehen von dem nördlichen Teil der Vogelfluglinie und einigen kurzen Neubaustrecken für die S-Bahn sind nach dem zweiten Weltkrieg bis etwa 1990 kaum neue Bahnstrecken in Betrieb genommen worden und man fährt noch im wesentlichen auf dem Netz des 19. Jahrhunderts. In den letzten 25 Jahren sind natürlich einige Hochgeschwindigkeitsstrecken fertiggestellt worden (Hannover – Würzburg, Mannheim – Stuttgart, Frankfurt – Köln, Wolfsburg – Berlin, Nürnberg – Ingolstadt, Nürnberg – Erfurt – Leipzig).

Das mit den Strecken aus dem 19. Jahrhundert muss nicht so schlecht sein, wie es klingt, denn man hat die Strecken damals teilweise schon sehr zukunftsträchtig trassiert, soweit es das Gelände ohne großen Mehraufwand erlaubte, und man hat sie im Laufe der Jahrzehnte immer wieder modernisiert. So waren schon in den 70er Jahren einzelne Strecken dieser alten Strecken für 200 km/h ausgebaut und der Ausbau für 160 km/h war bei elektrifizierten Strecken, die nicht speziell kurvig waren, quasi der Standard.

Weil wir die Bahn als Reisende benutzen, neigen wir dazu zu übersehen, dass auch der Güterverkehr ein wichtiger Bereich des Bahnverkehrs ist. Im Verhältnis hat der Reiseverkehr wohl an Bedeutung gewonnen und vor allem werden im Güterverkehr weniger Punkte angefahren, aber auf den großen Entfernungen spielen Güterzüge eine große Rolle und auf manchen Strecken machen sie sogar den Großteil des Verkehrs aus, zum Beispiel zwischen Karlsruhe und Basel oder allgemeiner zwischen der Schweiz und den Nordseehäfen, womit vor allem Rotterdam und dann Antwerpen und Hamburg gemeint sind.

Nun hat man etwa die Verbindung von Rotterdam bis Basel mit zwei Ausnahmen mindestens viergleisig ausgebaut. Der betreffende Abschnitt zwischen Karlsruhe und Basel fehlt noch, wobei eine Umleitungsstrecke und damit ein zweites Gleispaar auf der französischen Seite weitgehend existiert, aber nur begrenzt nutzbar ist und sicher nicht für den gesamten Bedarf auf dieser Verbindung ausreicht. Zwischen Duisburg und der niederländischen Grenze bei Arnheim wird die Strecke gerade dreigleisig ausgebaut. Auf die etwas weniger wichtige Anbindung von Hamburg und Antwerpen gehe ich hier nicht weiter ein.

Zwischen Karlsruhe und Duisburg gibt es eigentlich immer mindestens sechs Gleise.

Etwa seit den 80er Jahren hat man längere Strecken für den Fernverkehr neu gebaut. Diese waren meistens für eine Geschwindigkeit von 250, 280 oder 300 km/h ausgebaut und erlaubten sowohl schnellen Reisezügen (z.B. ICE) als auch nachts Güterzügen dort zu fahren. Diese gemeinsame Nutzung macht den Bau erheblich teurer, weil Güterzüge schlecht Steigungen bewältigen können und weil man die Kurvenradien sehr groß machen muss, damit die Überhöhung der äußeren Schiene in der Kurve sowohl bei 250 km/h (oder mehr) als auch bei 100 km/h passend ist und zu große seitliche Kräfte vermieden werden können. Das erfordert mehr Tunnel und Brücken als eine reine ICE-Strecke, wie zwischen Frankfurt und Köln. Ob diese Entscheidung richtig war oder ob es besser gewesen wäre, nur für den ICE (und ähnliche Züge) zu bauen, sei dahingestellt. Es scheint, dass der Unterschied in den Baukosten bei etwa 30 % liegt und man gewinnt wirklich neue Kapazitäten und auch kürzere und eventuell steigungsärmere Verbindungen für den Güterverkehr.

Nun ist zwischen Frankfurt und Köln auch eine Neubaustrecke gebaut worden, die nur für ICEs nutzbar ist. Da diese Strecke nicht nur etwa 1-2 Male pro Stunde befahren wird, sondern eher 4-6 Male pro Stunde, ist diese Entscheidung sicher sinnvoll gewesen. Außerdem gibt es drei Strecken für den Güterverkehr auf beiden Seiten des Rheins und über Siegen, wobei die beiden Rheinstrecken auch noch flach sind, aber natürlich einen größeren Umweg bedingen.

Da das Rheintal von Offenburg bis Rotterdam auch relativ dicht besiedelt ist, werden diese Strecken auch für verschiedene Züge im Personenverkehr intensiv genutzt. Es fährt sogar trotz der parallel laufenden Hochgeschwindigkeitsstrecke noch stündlich ein IC, um Bonn, Koblenz und Mainz anzubinden. Es wäre sicher interessant gewesen, zumindest die linksrheinische Strecke etwas auszubauen, insbesondere bei längeren Rheinschleifen Tunnel zu bauen, die diese abkürzen.

Aber wie es aussieht, gibt es nun ein Projekt, um eine Neubaustrecke von Mainz nach Köln zu bauen, die primär für den Güterverkehr sein soll. Das ist als „weiterer Bedarf“ eingestuft worden, also unklar, ob und wann es gebaut wird.

Diese Strecke soll etwas westlich der Schnellfahrstrecke verlaufen und Anbindungen südlich an die Rheinstrecke bei Andernach und Koblenz haben. Sollte man sie für 200 km/h oder auch nur für 160 km/h oder 180 km/h ausbauen, wäre schon die Verbindung für die ICs von Koblenz nach Mainz über diese neue Strecke schneller als über die Bestandsstrecke. Eine Nutzung mit Reisezügen macht es aber erforderlich, alle längeren Tunnel mit zwei getrennten Röhren zu bauen, was wohl bei einer reinen Güterzugstrecke vermeidbar ist. Und es stellt sich wieder die Frage der Kurvenradien, die bei einer reinen Güterzugstrecke, die nur für 120 km/h ausgebaut werden muss, kleiner sein können. Da auf diesem Abschnitt sehr viele Güterzüge unterwegs sind, müsste man wohl die Strecke zwischen Koblenz und Mainz zumindest abschnittsweise dreigleisig ausbauen, damit genügend Kapazität für Güterzüge und ICs vorhanden ist, wenn man wirklich den größten Teil des Güterverkehrs auf diese neue Strecke verlagern möchte. Nördlich von Koblenz würde man die Strecke wahrscheinlich ohnehin nur für den Güterverkehr nutzen.

Koblenz ist ein relativ wichtiger Bahnknotenpunkt, weil dort die Moselstrecke angebunden ist, die nach Frankreich, Luxemburg, ins westliche Rheinland-Pfalz und ins Saarland führt. Deshalb sollten dort auch weiterhin mindestens stündlich ICs halten und es ist auch sinnvoll, eine Anbindung an eine mögliche Güterzugstrecke zu bauen. Von Koblenz nach Norden weitet sich das Rheintal auf und die vorhandenen Strecken sind weniger kurvig und auch weitgehend für 160 km/h ausgebaut. Hier stellt sich nur die Frage, ob man die Strecken von Bonn Hbf und von Bonn Beuel bis Köln dreigleisig oder viergleisig ausbauen sollte, weil es auf diesem Abschnitt sehr viel Regionalverkehr gibt.

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