Ruhestandsalter: One size fits all?

In Deutschland und in der Schweiz wird über das Ruhestandsalter diskutiert. Absurderweise ist dies in der Schweiz für Frauen mit 64 und für Männer mit 65, aber das soll jetzt möglicherweise auf 65 angeglichen werden. Ob 65 das richtige Ruhestandsalter ist, oder ob man besser bis 68 arbeiten sollte, ist auch eine interessante und wohl notwendige Diskussion. In der Schweiz kann man den Ruhestand um bis zu fünf Jahre aufschieben, wobei dann für diese Zeit spezielle Regeln gelten. So kann man z.B. nicht mehr arbeitslos werden, weil dann erwartet wird, dass man in den Ruhestand geht. Wenn man nach 70 noch arbeiten will, addiert sich einfach die Rente zum Einkommen und man zahlt natürlich entsprechend Steuern, wenn man in der Progression aufsteigt…

Ich denke aber, dass es auf diese Frage einfach keine universelle Antwort gibt. Es gibt Berufe mit schwerer körperlicher Arbeit und ich denke, man sollte Verständnis haben und das auch im System abbilden, dass diese Personengruppe früher in den Ruhestand gehen kann als jemand mit einem „Bürojob“. Es gibt Berufe, bei denen die Leistungsfähigkeit mit dem Alter nachlässt und nicht mehr ausreicht, aber das ist wohl fast immer individuell… Es gibt sehr verschiedene Lebensschicksale und so sind einige Menschen finanziell darauf angewiesen, länger zu arbeiten oder nach der Pensionierung in ein kostengünstigeres Land zu ziehen, um nicht in der Altersarmut zu landen. Und andere haben vielleicht mit 45 genug verdient und wollen entsprechend früh in den Ruhestand gehen. Wenn die Höhe der Rente sich nach versicherungs- und finanzmathematischen Prinzipien entsprechend verringert, ist dagegen nichts einzuwenden.

Z.B. bekommt erhöht sich in der Schweiz eine Komponente der Rente (AHV) um ca. 30%, wenn man bis 70 statt bis 65 arbeitet. Entsprechend tiefer sollte sie ausfallen, wenn man früher aufhört. Diese Komponente funktioniert nach dem Umlageprinzip, das heißt alle zahlen etwa denselben Prozentsatz für ihr Einkommen ein, mit einer Obergrenze. Und es gibt einen Maximalbetrag (der um 30% höher ist, wenn man bis 70 arbeitet), den man erzielt, wenn man lange genug und mit einem relativ guten Einkommen dabei war. Die maximale AHV-Rente gilt alleine als nicht ausreichend, um in der Schweiz davon zu leben. Dazu kommt eine zweite Komponente (BVG), bei der ein Guthaben angespart wird, aus dem sich eine zweite Komponente berechnet, die auch höher ausfallen sollte, wenn man länger arbeitet.

Ich denke, es wäre gut, wenn man sein Ruhestandsalter in einem großen Bereich, z.B. von 55 bis 75, frei wählen könnte. Und wenn man z.B. in der Zeit der Berufstätigkeit in einem gewissen Rahmen mehr oder weniger Beiträge für die BVG (steuerfrei) einzahlen könnte. Wer also von vorneherein plant, früh in den Ruhestand zu gehen, sollte dort möglichst viel einzahlen. Und umgekehrt könnte man z.B. in Lebensphasen, in denen man wenig Geld übrig hat, die Beiträge für die BVG tiefer wählen und dafür planen, etwas später in den Ruhestand zu gehen.

Wozu braucht man einen Automatismus, dass das Arbeitsverhältnis mit einem gewissen Alter endet? Ich denke, dass es besser ist, wenn man den Ruhestand explizit beantragen muss, was man natürlich ab einem gewissen Alter mit einer Verlaufzeit von ein paar Monaten jederzeit könnte. Dann könnte man auch mit 71 noch Arbeitslosengeld beziehen, wenn man aktiv auf Stellensuche ist. Dabei müsste man sich nur überlegen, wie man verhindert, dass jemand z.B. mit 71 in Rente gehen will und zur Optimierung der Rente 2 Jahre Arbeitslosengeld bezieht und dann die entsprechend höhere Rente. Nicht durch komplizierte überwachungen, sondern wohl einfach dadurch, dass Arbeitslosenzeiten kurz vor der tatsächlichen Pensionierung zu entsprechend tieferen Renten führen.

Ich finde es aber besser, wenn man mit finanziellen Anreizen bzw. dem Wegfall von Fehlanreizen denjenigen, die das wollen, die Möglichkeit gibt, länger zu arbeiten als wenn man das Ruhestandsalter einfach für alle auf einen einheitlichen Wert erhöht.

Man sollte mit höherem Rentenalter aber auch die Länge des Jahresurlaubs anpassen. Acht Wochen pro Jahr wäre ein guter Wert, gerade wenn die Zeit der „Dauerferien“ im fitten Rentenalter angeknabbert wird.

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