Es gibt einen Vorschlag für eine neue S-Bahn-Linie in Zürich (2. Link), die die verschiedenen Hochschulstandorte verbinden soll. Da es sich um eine Ringlinie handeln würde, wird sie „Circle Line“ genannt.
Zunächst ein paar Gedanken zu den verteilten Hochschulstandorten. Diese sind natürlich historisch gewachsen, aber manchmal findet man es auch ohne Not „kind of cool“, einen Stadtteil dadurch aufzuwerten, dass man ihm einen weiteren Standort der Universität zuweist. In Kiel hat man z.B. die Universität, die einigermaßen kompakt in einem Gelände an der Olshausenstraße ein paar Kilometer nordwestlich der Innenstadt lag, für die neue technische Fakultät einen Standort auf dem Ostufer zugewiesen, obwohl bei der Olshausenstraße mit etwas gutem Willen noch Flächenreserven verfügbar gewesen wären. Es gibt sehr oft für jemanden, der an einem Standort studiert, Veranstaltungen, die an dem anderen Standort stattfinden. Auch wenn die wichtigsten Fächer eines Studienganges an einem Standort gebündelt sind, gibt es doch z.B. Vorlesungen für Mathematik und Naturwissenschaften oder Sprachkurse, die am anderen Standort stattfinden. Es kann auch mal interessant sein, einzelne Vorlesungsstunden oder ein ganzes Semester einer Vorlesung eines anderen Faches zu besuchen, um den Horizont zu erweitern oder einfach aus Interesse. Das ist mit dem heutigen Bologna-System nicht mehr so einfach wie z.B. in den 80er und 90er Jahren, aber man sollte es nicht unnötig erschweren. Sinnvoll ist natürlich, wenn die ganze Hochschule sich auf dieselben Zeitslots einigt, also z.B. Beginn immer 15 Minuten nach der vollen Stunde und Vorlesungsdauer 45 Minuten. Wenn man innerhalb des Campus den Hörsaal wechselt und ein Fahrrad hat, dann reichen die 15 Minuten normalerweise aus. Aber um zu dem anderen Standort zu fahren, braucht man fast immer etwas mehr. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln oft sogar noch etwas länger. Nun könnten die Dozenten jeweils zu den Standorten kommen, um den Studenten ihre Vorlesung dort anzubieten, wo sie sich halt normalerweise aufhalten. Weil mehr als ein Hörer in der Vorlesung sitzt, ist das insgesamt zeitlich effizienter. Aber für den Dozenten ist es auch blöd, einen großen Teil seiner Arbeitszeit mit Wegen zu verbringen und der sitzt am längeren Hebel, also sind es häufiger die Studenten, die die Wege haben. Wenn irgendwie möglich sollte man also versuchen, eine Hochschule an einem Standort zu bündeln. Nachträglich ein Institut an einen anderen Standort zu verlegen und so alles an einem Standort zusammenzuführen ist sicher manchmal möglich, aber gerade bei Fächern, die nicht nur Büros und Hörsäle, sondern auch Labors brauchen, ist der Aufwand dafür meist unrealistisch groß. Man muss also damit leben, wenn es erst einmal so ist.
In Zürich und in vielen anderen Städten ist es nun aber Tatsache, dass Hochschulen auf mehrere, weit relativ voneinander entfernte Standorte verteilt sind, z.B. die ETH Zürich. Die liegen etwa 6.5 Kilometer und 90 Höhenmeter auseinander. Auch die davon unabhängige Universität Zürich ist auf zwei Standorte verteilt, die etwas 3 km und 40 Höhenmeter auseinanderliegen, mit Ampeln für die meisten Studenten auch mit dem Fahrrad gerade etwas zu viel für 15 min zwischen zwei Vorlesungen. Mit Bus und Tram schafft man es auch nicht unter 15 Minuten.
Da wurde nun die Idee aufgebracht, dass eine S-Bahn-Ringlinie diese Standorte verbindet. Es könnte auch eine U-Bahn sein, das ist mehr eine Frage der organisatorischen Zuordnung und der Benennung, aber in Zürich ist eine S-Bahn plausibler. Es gibt in Zürich mehrere unabhängige S-Bahn-Systeme, die jeweils nicht die Strecken der anderen befahren. Neben dem großen System der SBB gibt es die SZU und zwei Schmalspurlinien, die streckenweise wie eine Straßenbahn verlaufen. Man könnte also eine unterirdische Ringlinie bauen, die komplett unabhängig von dem restlichen Netz ist, die Teil des SZU-Netzes ist oder die Teil des SBB-Netzes ist. Damit könnte man Fahrzeiten von unter 10 Minuten zwischen den jeweiligen Standorten erzielen und noch den Hauptbahnhof einbinden. Selbst wenn zu den passenden Zeiten alle fünf Minuten oder öfter gefahren würde, könnte man den Raumwechsel in 15 Minuten mitsamt den Fußwegen, Wartezeiten und Zeiten für Lifte oder Rolltreppen nicht schaffen. Aber es wäre wesentlich schneller als heute.
Wird man so ein System bauen? Es ist sicher interessant, das zu prüfen. Und es wäre nicht ausschließlich ein System für Studenten und Mitarbeiter der Hochschulen, sondern würde auch andere Verkehrsbedürfnisse abdecken. Aber es ist doch eher unwahrscheinlich, dass das in der nächsten Zeit kommt. Es gibt viele interessante Projekte, die um das Budget konkurrieren und für so eine Ringlinie müsste man sicher eine oder zwei Milliarden CHF investieren. Vielleicht wird am Ende eine Straßenbahnlinie gebaut, die weniger kostet und wesentlich längere Fahrzeiten hat, aber zumindest die benötigte Kapazität bietet.
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