Flüsse fließen immer in Richtung Meer und vereinigen sich dabei mit anderen Flüssen. Manchmal auch in einen See in einer trockenen Gegend, der nicht mit dem Meer verbunden ist und sein Wasser durch Verdunstung verliert. Das kaspische Meer, der Aralsee und das Tote Meer sind solche Beispiele.
Aber Flüsse teilen sich selten. Wenn man genauer hinschaut, stimmt das nicht ganz. Es gibt Delta-Mündungen, in denen sich Flüsse teilen. Und es gibt Inseln in Flüssen. Das sind aber zwei bekannte und erkennbare Ausnahmen, obwohl natürlich ein Flussdelta schon riesig sein kann, zum Beispiel ist das Lenadelta flächenmäßig größer als die Schweiz, andere sind noch größer.
Dagegen findet bei Bifurkationen ein Abfluss in verschiedene Richtungen statt.
Die größte Bifurkation ist die Abzweigung des Brazo Casiquiare vom Orinoco in Südamerika. Hier fließt Wasser vom Orinoco-Oberlauf teilweise in das Flusssystem des Amazonas. Der Tärendöälv zweigt in Nordschweden vom Torneälv ab und ist die zweitgrößte Flussbifurkation außerhalb von Deltamündungen. In den Niederlanden zweigt die Ijssel vom Rhein ab, wobei die Entstehungsgeschichte dieser Bifurkation noch nicht gut bekannt ist. Die Aufteilung in Wal und Lek sollte man dagegen vielleicht eher als Teil des Rheindeltas sehen.
Aber auch in Mitteleuropa gab oder gibt es Beispiele, mindestens für Gewässer und Feuchtgebiete mit mehreren Abflüssen. Der Selenter See hat zwei Abflüsse zur Ostsee. Zwischen dem Plöner See und Lübeck gab es ein Feuchtgebiet, das sowohl in Richtung Trave also auch in Richtung Plöner See und damit Schwentine entwässerte. Heute ist das aber durch Trockenlegungen und Verlegungen von Flüssen in Röhren nicht mehr gut zu erkennen. Der Oldenburger Graben läuft quer durch eine Halbinsel und macht deren nördlichen Teil damit eigentlich zu einer Insel.
Erdgeschichtlich sollten Bifurkationen eigentlich kurzlebig sein, weil einer der beiden Verläufe sich durch stärkere Erosion durchsetzen sollte, außer bei sehr flachen Gebieten, wie bei Flussdeltas oder diesen Auffächerungen mit vielen Inseln, die Flussdeltas in gewisser Hinsicht ähneln. Und so findet man auch Beispiele von nicht mehr vorhandenen Bifurkationen, die einmal existiert haben könnten. Der Rhein in der Schweiz oberhalb des Bodensees fließt von Süden nach Norden. Auf der Höhe von Sargans zweigt ein Tal nach Westen ab, das über Zürich und Brugg mit Linth, Limmat und Aare wieder zum Rhein zurückführt und dabei eine „Insel“ mit einem Teil der Alpen oder mindestens Voralpen umrundet. Das Wasser teilt sich aber nicht mehr, vielleicht gab es eine Zeit, wo das anders war. In Norwegen ist es zwischen Oslo und Trondheim bei der E6 oder bei der Bahnstrecke so, dass die von Süden kommende Driva nach Westen abbiegt, man aber mit geringen Höhenunterschied ins Orkla-Tal gelangt. Das könnte auch zeitweise eine Bifurkation gewesen sein, aber einer der beiden Abflüsse hat sich wegen des kürzeren Wegs zum Meer und des daraus resultierenden größeren Gefälles durchgesetzt.
In bergigeren Gebieten sind solche Täler meistens eine willkommene Möglichkeit, Verkehrswege, vor allem Bahnstrecken, zu bauen. So enthält die Bahnstrecke von Zürich nach Chur zwar viele Tunnel, aber diese überwinden keine quer zur Bahnstrecke verlaufenden Hindernisse, sondern nur Abschnitte, in denen die Fläche zwischen einem See und dem angrenzenden Steilhang zu schmal und zu kurvig oder einfach nur zu dicht bebaut ist, um dort Gleise zu verlegen, die sich halbwegs zügig befahren lassen. Mit der Zeit hat man dann längere Abschnitte in einen Tunnel verlegt, um sie zu begradigen und so gibt es heute sogar einige recht lange Tunnel auf der Strecke.