Hochgeschwindigkeitsstrecken in Schweden

Man könnte meinen, dass sich solche Hochgeschwindigkeitsstrecken nur in dicht besiedelten Ländern lohnen oder zumindest in Ländern mit einwohnerreichen dicht besiedelten Regionen, die nicht so weit auseinander sind. Aber Schweden hat etwa 9 Millionen Einwohner, die sich noch sehr stark in gewissen dicht besiedelten Regionen konzentieren und so ist zwischen Stockholm und Göteborg ein stündlicher X2000-Zug verfügbar und schafft die knapp 500 km in etwa drei Stunden. Das wurde durch einen Streckenausbau und den Einsatz von hochwertigen Neigezügen, die im Gegensatz zu den Versuchen in einigen anderen Ländern wirklich funktionieren, erreicht. Die Neigezüge können nicht wirklich ein schnelleres Fahren ermöglichen als die Sicherheit und die Physik zulassen, aber sie können das schnelle Befahren von Kurven mit geringerer Komforteinbuße ermöglichen und dadurch letztlich doch zur Fahrzeitverkürzung beitragen. Entscheidend war natürlich, dass Gleise, Oberleitung und Signalsystem für 200 km/h ausgebaut wurden, aber in relativ flachem, relativ dünn besiedeltem Gelände konnte man das einigermaßen kostengünstig umsetzen. Diese Schnellverbindung gibt es nun schon seit über 20 Jahren.

Etwas später ist auch die knapp 650 km lange Bahnstrecke von Malmö nach Stockholm weitgehend auf diesen Standard ausgebaut worden und kann nun in etwa 4:30 Stunden bewältigt werden. Für die Strecke von Malmö über Göteborg nach Oslo ist ein entsprechender Ausbau mit dem Neubau gewisser Abschnitte in Bau und erst teilweise fertiggestellt. Hier nimmt man zwischen Göteborg und Oslo den ungünstigeren Verlauf durch das Landesinnere in Kauf und baut die vorhandene Strecke aus.

Mehr als in anderen Ländern ist es ein Nachteil des schwedischen Bahnnetzes, dass die Strecken zwar die ganz großen Städte verbinden, aber unterwegs einen ungünstigen Verlauf haben und im Gegensatz zu den Europastraßen die mittelgroßen Städte unterwegs auslassen. Zum Beispiel verläuft die Strecke von Malmö nach Stockholm nicht über Jönköping, das etwa 90’000 Einwohner im Tätort (und 130’000 Einwohner in der Gemeinde) hat, sondern etwa 40 km weiter östlich, so dass man Jönköping nur mit Umsteigen in Nässjö erreicht. Ähnlich ist es mit Örebro zwischen Göteborg und Stockholm, wobei dadurch die Punkt-zu-Punkt-Verbindung aber etwas kürzer wird, weil Örebro zu weit nördlich liegt, aber die Europastrasse nimmt diesen kleinen Umweg. Ganz auffällig ist es an der Ostküste. Viele mittelgroße Städte liegen dort, z.B. Luleå, Piteå, Skellefteå, Umeå oder weiter südlich Västervik, Oskarshamn, Kalmar und Karlskrona. Diese sind jeweils nur über Stichbahnen angebunden und die Nord-Süd-Strecke verläuft durch das dünner besiedelte Landesinnere, was angeblich im 19. Jahrhundert aush militärstrategischen Gründen so entschieden wurde. Nun hat man angefangen, das zu korrigieren. Von Stockholm bis Umeå gibt es jetzt durchgängig eine relativ schnelle Strecke die relativ nah an der Küste verläuft. Bis Uppsala ist sie zweigleisig, nördlich davon nur noch abschnittsweise, um Begegnungen ohne Halt zu ermöglichen. Von Sundsvall nach Umeå ist die Botniabahn gebaut worden. Sie ist auch eingleisig mit längeren zweigleisigen Begegnungsabschnitten und für 250 km/h ausgebaut. Man will sie wahrscheinlich in Gestalt der Norrbotniabahn bis Luleå und damit bis in die Nähe der finnischen Grenze verlängern. Auch von Stockholm nach Malmö und Göteborg erwägt man einen teilweise Neubau in Y-Form über Jönköping. Die Verbindung von Stockholm über Jönköping nach Kopenhagen wird Europabahn genannt. Mit dem Bau der Götalandsbahna genannten Anschlussstrecke von Jönköping über Borås nach Göteborg wird wohl bald begonnen, zumindest bis Borås, das eine weitere mittelgroße Stadt etwa in der Mitte ist. Dadurch würde auch hier wieder ein Umweg durch ungünstig verlaufende Strecken eingespart.

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