Müssen alle Züge in einem bestimmten Bahnhof halten

Jeder wünscht sich für seinen Bahnhof gute Verbindungen, naja fast jeder, in Nordamerika hat man teilweise Angst davor, damit schlechtes Publikum anzulocken… Aber in Europa und Asien hat man gerne gute Zugverbindungen, und sei es, damit der Nachbar Zug fährt und die Straße freier ist…

So möchten Städte wichtig genug sein, damit dort alle Züge halten. Ein paar Nachtzüge oder ein oder zwei Sprinter-ICE werden vielleicht noch toleriert. Muss das sein?

In der Schweiz war Olten so ein Bahnhof, wo früher alle Züge gehalten haben. Und in Kantonshauptstädten auch. Heute gibt es ICs von Zürich nach Bern, die in Olten nicht halten und das ist kein Nachteil. Es fährt alle 30 min ein Zug ohne Halt nach Bern und alle 30 min ein Zug ohne Halt nach Zürich, jeweils mit Anschluss an den IC, der in Olten durchfährt für dessen weiteren Laufweg. Wenn man der Bahn erlaubt, schnell zu sein, gibt es oft genug Fahrgastpotential für mehr Züge und man kann den Zug, der nicht hält, zusätzlich zu denen, die dort halten betreiben. Und um schnell zu sein, sind die wichtigsten Einflussfaktoren in dieser Reihenfolge:

  • Halte
  • Langsamfahrabschnitte, alles was deutlich langsamer als die übliche Geschwindigkeit auf der Strecke ist
  • Genereller Ausbau für hohe Geschwindigkeit

Man sieht es, dass die ICEs von Hannover nach Frankfurt und Würzburg schon ganz ordentlich schnell sind, aber nicht wirklich superschnell. Die Durchschnittsgeschwindigkeit liegt eher bei 160 als bei den 280, die als Höchstgeschwindigkeit gefahren werden könnten. Wenn nun stündlich Züge fahren würden, die zwischen Frankfurt und Hannover gar nicht oder höchstens in Kassel halten würden, und außerdem solche, die Fulda und Göttingen und natürlich Kassel in Richtung Frankfurt, Hannover, Braunschweig und Würzburg verbinden würden, mit guten Anschlüssen, könnte man die Fahrzeiten attraktiver machen, mehr Anteil des Verkehrs in dieser Relation auf die Schiene bringen, mehr Züge fahren lassen und für alle mindestens gleich gute Verbindungen wie heute bieten, für die wichtigsten Relationen sogar bessere. Ideal wären natürlich Umgehungsstrecken für Bahnhöfe, wo nicht alle Züge halten, wie man es in Frankreich vielerorts umgesetzt hat.

So ist es auch gut, wenn die Neubaustrecke von Frankfurt nach Mannheim die Möglichkeit bietet, sowohl Mannheim anzufahren, was als wichtiger Umsteigeknoten (ähnlich Olten in der Schweiz) natürlich relevant ist, aber auch von Frankfurt bis Stuttgart schnell ohne Halt zu fahren, was sehr attraktive Fahrzeiten von etwa einer Stunde bieten könnte. Es ist bedauerlich, dass man sich nicht auf solche win-win-Lösungen einigen kann und dass nicht der politische Wille da ist, der Bahn einen so hohen Stellenwert einzuräumen, dass so etwas auch konkret umgesetzt wird. Multi-Bahn-Gesellschafts-Wirtschaft, staatlich geförderte Fernbusse und ähnliche Konzepte, die das Fahrgastpotential aufteilen, ohne den hier beschriebenen Nutzen mit sich zu bringen, sind natürlich kontraproduktiv.

Man kann sogar noch weiter gehen. In Schleswig-Holstein gab es in den 70er Jahren einen unregelmäßigen Fahrplan von Regionalzügen, die überall mal hielten, die wenige Fahrgäste anzogen, weil sie zu langsam waren, die teuer waren, weil sie mit Loks und Wagen gebildet wurden und damals mindestens zwei Eisenbahner (Lokführer und Kondukteur) pro Zug brauchten. Mit zweiteiligen Triebzügen, die nur an ausgewählten Stationen hielten, ließ sich kostengünstig ein Stundentakt mit relativ attraktiven Fahrzeiten realisieren- Für die Anbindung wenig bedienter Zwischenstation sind Buslinien tatsächlich eine sinnvoller Weg, wenn sie auf die Bahnfahrpläne abgestimmt sind. Nun könnte man das System erweitern und auf einem größeren Teil der Strecken jeweils stündlich einen schnelleren und einen öfter haltenden Zug anbieten. Das kann zu einem „schiefen“ Halbstundentakt führen oder zu guten Anschlüssen in der Mitte der Strecke, was immer davon abhängt, wie die Anschlüsse im Gesamtsystem funktionieren sollen. Die Dieseltriebwagen hatten anfänglich die Möglichkeit, Fahrkarten beim Lokführer zu kaufen. Das ist heute nicht mehr der Fall, aber man kann immer noch Informationen von dem Lokführer erhalten…

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