Ganz das, was der Titel verspricht, kommt hier natürlich nicht, das wäre wohl rein von der Physik her etwas zu unkonventionell.
Aber da sind wir schon beim Thema. Ihr kennt es, dass Euch beim Radfahren eine Ampel, die genau am unteren Ende einer Abfahrt ist, mehr stört als eine Ampel am oberen Ende einer Auffahrt.
Es leuchtet Euch sicher sofort ein, dass das für Züge auch relevant ist. Jedenfalls hat das jemand mal durchgerechnet und dazu in der Mitte der 1970er Jahre ein paar Veröffentlichungen über das energetisch optimale Höhenprofil von Bahnstrecken und die Energieeinsparung dabei (ich erinnere mich ungefähr an ein Dritte) geschrieben. Wahrscheinlich sind sie in einer der Bauingenieurzeitschriften, Glaser Analen oder Eisenbahntechnische Rundschau oder so erschienen. Im Internet habe ich davon nur diese Spuren gefunden:
selbst wenn ich nach dem Autor (Volkhard Jung) oder nach dem Begriff suche, den er dafür verwendet hat („Zyklobahn“), als ich ihn zufällig dort getroffen habe, wo diese Zeitschriften in der Uni-Bibliothek auslagen. Nun haben heutige Züge oft die Möglichkeit, beim Bremsen ihre Motoren als Generatoren zu betreiben und Energie zurückzugewinnen. Trotz Bremsenergierückgewinnung ist der Energiespeicher in Form von Höhe also unschlagbar effizient, vor allem, weil die Energie nicht nur zurückgewonnen wird, sondern sie wird so gespeichert, dass sie genau zum richtigen Zeitpunkt wieder abgerufen werden kann. Dazu kommt noch die Frage, wie gut der Wirkungsgrad der Bremsenergierückgewinnung wirklich ist. Man kann auch ein elektrisches ÖV-System mit sekundengenauem internem Fahrplan so optimieren, dass die Bremsenergie möglichst zeitgleich mit dem Beschleunigen anderer Züge abgegeben wird. Der einfache und zuverlässige physikalische Mechanismus, Energie durch potentielle Energie des Fahrzeugs zu speichern, ist immer zuverlässiger und robuster und meistens auch effizienter als so etwas.
Nun hoffe ich, dass die Bauingenieure noch andere Wissensquellen als google und yandex anzapfen und dass dieser qualitativ offensichtliche Sachverhalt bekannt ist.
Trotzdem sind in den letzten 40 Jahren nicht alle Bahnstrecken, Straßenbahstrecken, U-Bahnen u.s.w. auf das optimale Höhenprofil umgebaut worden. Die Überlegung bezieht sich wohl auf reine Nahverkehrsbahnen mit Halten im Abstand von wenigen Kilometern oder sogar wenigen 100 Metern und der Ansatz funktioniert nur richtig, wenn auf den Gleisen ganz überwiegend Züge unterwegs sind, die dieselben Haltestellen bedienen. Auf den meisten U-Bahn-Strecken, vielen S-Bahn-Strecken und einigen Nahverkehrsstrecken und wohl auch bei Straßenbahnen ist das häufig der Fall. Nur leider ist ein Umbau auf ein anderes Höhenprofil so teuer, dass das nicht realistisch ist. Es lässt sich also nur bei reinen Neubaustrecken anwenden. Oft hat man in der Höhe nicht den Spielraum, etwa bei einer Straßenbahn, die dem Höhenprofil der Straße folgt, auch wenn sie einen abgetrennten Gleiskörper hat, oder wenn die niedrigeren und höheren Ebenen schon durch andere Verkehrswege belegt sind. Aber gerade bei unterirdischen Strecken, die mit Tunnelbohrmaschinen angelegt werden, wurde mir damals gesagt, dass diese Überlegungen durchaus einfließen.
Nun gibt es aber auch das krasse Gegenbeispiel. In manchen Städten hat man gefunden, dass die Straßenbahngleise das Stadtbild, den Verkehr oder einfach nur die Modernität der Stadt stören und sie in Tunnel verlegt. Wenn das Geld nicht gereicht hat, um alles in Tunnel zu legen, wurden oft einzelne Haltestellen unterirdisch angelegt und die Strecke dazwischen war oberirdisch. Das mag städtebaulich passen, weil die Haltestellen aus verschiedenen Gründen in der Nähe großer Kreuzungen sein sollen und genau dort, wo die Kreuzung zusätzliche Abbiegespuren braucht und die Haltestelle zusätzliche Flächen zum Ein- und Aussteigen, sind zwei Ebenen nicht schlecht. Nur müssen die Straßenbahnen jetzt sehr heftig bremsen und allein für die Bremsleistung reicht das Verfahren mit der Stromrückgewinnung nicht mehr aus. Und beim Anfahren muss zusätzlich zum Beschleunigen noch die Höhe überwunden werden. Das ist bei Schienenfahrzeugen besonders schmerzhaft, weil sie recht schwer sind und eigentlich zum Fahren sehr wenig Energie brauchen.
Wie attraktiv es nun ist, für die Straßenbahn nicht kurz am Straßenrand zu warten, sondern mit Treppen und Rolltreppen 15 Meter under das Straßenniveau hinabzusteigen, ist noch eine andere Frage. Ich glaube, in städtischen Gebieten mit entsprechend großen Verkehrsströmen haben U-Bahnen oder U-Bahn-ähnliche Verkehrsmittel durchaus ihre Daseinsberechtigung, aber für kürzere Strecken ist ein Verkehrsmittel mit kurzen Wegen zur Haltestelle attraktiver, auch wenn es etwas langsamer fährt. Nun ist aber eine Straßenbahn, die entgegengesetzt der Gravitation unterwegs ist, nicht nur energiehungriger, sondern auch langsamer unterwegs. Man kann also kaum eine Beschleunigung gegenber einer guten oberirdischen Trassierung mit Vorrangschaltungen an den Ampeln erzielen, hat aber natürlich für das viele Geld Platz für mehr Spuren an den Kreuzungen gewonnen.
Wäre es nun besser, die Straßenbahnhaltestelle doch lieber zwischen zwei Kreuzungen zu legen und die Kreuzungen ohne Halt zu unterqueren? Oder die Straßenbahnhaltestellen aufgeständert statt im Tunnel anzulegen?