Wer die dänische Bahn kennt, hat sicher eine Zweiteilung des Landes festgestellt. In Ostdänemark, also hauptsächlich auf der größten Insel Seeland mit Kopenhagen gibt es recht guten Bahnverkehr mit einem S-Bahn-Netz und elektrisch betriebenen Zügen in die weitere Umgebung, sogar nach Malmö in Schweden. Kopenhagen mit seinen Vororten hat etwa die Form einer Hand. Die dicht besiedelten Gebiete dehnen sich wie Finger ins Umland aus und dazwischen liegt dünner besiedeltes Land mit Landwirtschaft, was die Erschließung durch die S-Bahn sehr erleichtert.
In Westdänemark sieht es ganz anders aus. Man hat dort ein Autobahnnetz gebaut, von dem jeder Autofan der Welt nur träumen könnte und erweitert dies noch munter. Der Autobahnanschluss für jedes Dorf in maximal 30 km Entfernung ist dort fast vollständig umgesetzt oder zumindest in Bau. Dabei ist Jütland ein Gebiet, das verglichen mit großen deutschsprachigen Ländern in Mitteleuropa deutlich dünner besiedelt ist. Eine kleine dänische Besonderheit ist noch, dass es zwischen Ost- und Westdänemark keine Straßenverbindung ohne Fahrradverbote gibt.
Die Bahn fährt auch in Westdänemark, meist sogar stündlich. Aber das Streckennetz ist völlig heruntergekommen und auch noch im 19. Jahrhundert ungünstig mit vielen Umwegen trassiert worden. Beim Umsteigen sind die Anschlüsse nicht gut, man muss also für die Fahrt durch Jütland oft umsteigen und hat entweder dabei lange Wartezeiten oder legt große Teile der Strecke mit Regionalzügen zurück. Aber die sogenannten IC-Züge sind auch nicht viel schneller. So kommt man heute als Bahnreisender auf dem Weg von Hirtshals im Norden Jütlands nach Flensburg gegenüber der Luftlinienentfernung nur auf einen 50er-Schnitt, was im Hochgebirge sicher akzeptabel ist, aber in einem mehr oder weniger flachen Land mit niedrigen Hügeln doch ziemlich armselig ist. Reisende mit Fahrrädern müssen sich übrigens auf mehrere Züge aufteilen, sobald die Gruppe mehr als 3-4 Personen umfasst, was die Reise für alle noch einmal um eine Stunde verlängert. Außerdem muss man für die Weiterfahrt nach Deutschland und Norwegen mit chronischen Verspätungen der dänischen Bahn rechnen und deshalb beim Umsteigen in Hamburg und in Hirtshals noch eine Stunde zusätzlich einplanen. Aus diesen Gründen empfehle ich für Reisen mit Bahn und Schiff nach Westnorwegen eher die Route über Oslo, obwohl doch die Strecke mit der Fähre von Hirtshals nach Stavanger und Bergen so verlockend aussieht.
Zur Zeit ist die Bahn auch noch seit etwa einem Jahr unterbrochen, weil ein Frachtschiff gegen die Limfordbrücke zwischen Ålborg und Norresundby gefahren ist und diese schwer beschädigt hat. Heute, 2013-03-03, zeigt eine Fahrplanabfrage bei SBB.ch, dass immer noch Busse für einen Teil der Strecke genutzt werden müssen, weil die wichtige Brücke fehlt.
Nun hat eine kleine Bahngesellschaft wie die DSB ein Problem bei der Bestellung von Triebfahrzeugen, weil man nur bei einer großen Bestellung überhaupt gute Preise angeboten bekommt. Das sollte nicht durch Zusammenarbeit mit anderen Bahnen gelöst werden, sondern dadurch, dass man möglichst einen großen Teil der Züge in einer Bestellung ersetzt. So stellte sich Ende der 80er Jahre die Frage, ob man nun Diesel- oder Elektroloks und -triebzüge bestellt. Man entschied sich für eine große Zahl von Dieseltriebzügen und es wurde nur die Transitroute Flensburg – Kolding/Fredericia – Odense – Korsør – Ringsted – Kopenhagen – Malmö mit den Querungen des Großen Belts und des Öresunds sowie Strecken auf Seeland elektrifiziert. Da die meisten Züge reine Dieseltriebzüge sind, werden auch die elektrifizierten Strecken zu einem großen Teil von Dieselzügen befahren, die auf Jütland über das elektrifizierte Streckennetz hinausfahren. Eine recht große Zahl von Elektrotriebwagen, die den Dieseltriebwagen in der Bauart ähnelten, wurde für den Verkehr auf Seeland, über den Öresund nach Schweden und die Strecke in Richtung Flensburg beschafft. Diese dänischen Elektrotriebwagen fahren auf den gut ausgebauten schwedischen Strecken mit 180 km/h, aber kaum im eigenen Land.
Nun scheint sich aber doch ein gewisses Interesse abzuzeichnen, ernsthaften Bahnverkehr auch in Westdänemark einzuführen und diesen auch in Ostdänemark zu beschleunigen. So soll die knapp 60 km lange Strecke von Lunderskov (westlich von Kolding) nach Esbjerg elektrifiziert werden, die Strecke von Lunderskov nach Flensburg teilweise zweigleisig ausgebaut werden und eine schnellere Neubaustrecke von Kopenhagen über Køge nach Ringsted soll in Bau sein und bis 2018 in Betrieb gehen. Die Strecke von Ringsted über die Vogelfluglinie nach Lübeck soll durchgängig elektrifiziert und bis auf zwei lange Brücken zweigleisig ausgebaut werden. Und man erwägt die Elektrifizierung der Strecken Fredericia – Vejle – Århus – Ålborg – Fredrikshavn und Vejle – Struer sowie den Ausbau und abschnittsweisen Neubau der Strecken von Odense nach Ålborg. So soll ein sogenanntes Stundenmodell ermöglicht werden, bei dem die Fahrzeit von Kopenhagen nach Odensee eine Stunde, nach Århus zwei Stunden und nach Ålborg drei Stunden beträgt. Siehe dazu auch High-speed rail in Denmark in der engischsprachigen Wikipedia. Wir werden sehen, was aus diesen Plänen wird.
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