Bahnverkehr in Nordamerika

Es ist bekannt, dass in Nordamerika, speziell in den Vereinigten Staaten, der Personenverkehr mit der Bahn und generell mit öffentlichen Verkehrsmitteln in dem größten Teilen des Landes nicht so gut ist. Stimmt das überhaupt? New York hat das umfangreichste U-Bahn-System der Welt, auch wenn es durch Systeme, die weiter ins Umland reichen und damit Regionalverkehrsfunktion übernehme, an Streckenlänge übertroffen wird. Die Stadt hat auch S-Bahnen oder Regionalverkehr, die etwa 100 km in die Umgebung reichen und Fernverkehr, wobei dieser gemessen an den Einwohnerzahlen und der Besiedlungsdichte der Region sicher noch ausbaufähig wäre. Der Rest des Landes hat tatsächlich nur relativ kleine Systeme an öffentlichen Verkehrsmitteln. Es soll sogar Städte mit über 300’000 Einwohnern geben, die in ihren städtischen Gesetzen die Durchführung von ÖPNV explizit verbieten. Kann jemand dazu etwas bestätigen oder das Gegenteil belegen? Das würde mich interessieren. Bekannt ist auch, dass es gegen Verlängerungen von U-Bahn-Linien, S-Bahn-Linien oder Regionalzuglinien oft Widerstände gibt. Man sagt dort, dass gute öffentliche Verkehrsmittel ein schlechtes Publikum anziehen. Oft wird nicht ausgesprochen, was damit konkret gemeint ist, aber das ist klar. Die politisch korrekte Antwort lautet, dass die Leute ihre Abneigung gegen das „schlechte Publikum“ fallen lassen sollen, aber sie tun es nicht und so bleiben die öffentlichen Verkehrsmittel aus diesem Grund manchmal auf der Strecke.

Es gibt aber auch Beispiele, wo funktionierende ÖV-Systeme bewusst von Unternehmen an die Wand gefahren wurden. Detroit soll einmal ein gutes Straßenbahnsystem gehabt haben, das von Autofirmen übernommen und heruntergewirtschaftet wurde. Wer weiß dazu etwas mehr? Los Angeles hatte ein gutes Straßenbahn und Regionalbahnsystem, das von Ölfirmen gekauft und heruntergewirtschaftet worden sein soll. Es gibt aber auch andere Einflussfaktoren. So hat der Staat, wie fast überall auf der Welt, ein umfangreiches Straßennetz gebaut, das überwiegend gratis benutzt werden kann. Und Flughäfen wurden auch vom Staat gebaut. Dagegen sind die Bahnstrecken überwiegend in Besitz von Privatfirmen, die einer sehr hohen Steuerbelastung unterliegen. Gemäß Hajo Zierckes Webseiten sind schon attraktive Bahnstrecken stillgelegt worden, um Steuern zu sparen, z.B. die „Great Northern“, eine relativ gut ausgebaute transkontinentale Bahnstrecke im Norden der Vereinigten Staaten. Ein anderes Handicap sind die Vorschriften, die dazu zwingen, Züge unnötig schwer zu machen und die es verhindern, das schnelle Befahren von Kurven mit Neigetechnik auszunutzen. Auch dazu könnt Ihr auf Hajos Seite einiges finden. Ohne näher darauf einzugehen, wie die Details aussehen, kommt doch der Gedanke auf, dass Korruption im weiteren Sinne im Spiel ist und die Öl-, Auto- und Flugfirmen den Aufbau eines wirklich guten Bahnsystems für Personenverkehr zu verhindern versuchen.

Nun hört man oft, dass die Vereinigten Staaten dünn besiedelt seien. Das stimmt so nicht, gemessen an der Landfläche der Erde haben sie eine eher überdurchschnittlich hohe Besiedlungsdichte, wobei natürlich unbewohnte und schwer bewohnbare Landflächen in den Polarregionen, Wüsten, Feuchtgebieten, Regenwäldern und Gebirgen da mit einfließen. Da die Bevölkerung, wie in den meisten Ländern, ungleichmäßig verteilt ist, gibt es dünn besiedelte Gegenden. Aber andererseits wohnen die meisten Menschen in recht dicht besiedelten Gebieten, die Potential hätten, gute öffentliche Verkehrsmittel und speziell auch Bahnverkehr zu haben.

Nun sagt man, dass das Land so groß sei und die Entfernungen deshalb auch. Das stimmt. China hat etwa dieselbe Größe, viermal so viele Einwohner, aber weniger Wirtschaftskraft. Und China konnte innerhalb von wenigen Jahren das größte Netz an Hochgeschwindigkeitsstrecken der Welt aufbauen, das lange Entfernungen in der dicht besiedelten Hälfte des Landes problemlos überwindet. In den Vereinigten Staaten konnte man auch durchgängig vier- und mehrspurige Interstate-Straßen quer durch das ganze Land bauen. Ein Hochgeschwindigkeitsbahnnetz, das in den dichter besiedelten Regionen, z.B. einem etwa 500 km breiten entlang der Küsten und der großen Seen, eine größere Dichte hat und einige transkontinentale Verbindungen beinhaltet, wäre also durchaus möglich. Vielleicht werden einige kleine Schritte in der Richtung stattfinden, etwa in Kalifornien oder ein weiterer Ausbau an der Ostküste, ein paar 100 km von New York nach Nordosten und Südwesten, wo der einzige Hochgeschwindigkeitszug des Landes heute schon verkehrt.

Schulen

Ein paar Gedanken über das Thema Schulen, nachdem ich diese zuerst als Schüler und dann als Elternteil von vier Kindern kennengelernt habe und nun auch selber pädagogische Erfahrungen als FH-Dozent, bei Schulungen für meine Kunden und vor einigen Jahren schon als Student bei der Betreuung von Übungsgruppen sammeln konnte.

Man steckt eine Menge Geld in die Schulen, aber die Schüler stecken auch eine Menge Zeit da hinein. Da ist es sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, was für das Geld und die Zeit dabei herausspringt. Lernt man die richtigen Dinge, die richtigen Methoden und das effizient genug? Ich zähle dazu durchaus auch Dinge wie Teamfähigkeit, die nicht direkt Schulstoff sind, die man aber durch das Zusammensein mit verschiedenen Gruppen auch lernen kann. Eine schöne Vergleichbarkeit liefern die sogenannten Pisastudien. Diese geben recht gut wieder, ob ein möglichst großer Teil der Schüler einen Mindeststandard erreicht und Finnland, Kanada, Japan und Südkorea habe da z.B. oft gute Plätze errungen. Es wird aber durch Pisa nicht abgedeckt, wie gut die Spitzengruppe gefördert wird. Ist das sinnvoll und wichtig? Darüber kann man verschiedener Meinung sein. Stellt Euch mal vor, dass Ihr 12 Jahre lang einen Kurs „Deutsch für Ausländer“ (oder statt „Deutsch“ Eure Muttersprache) und ähnliche Kurse von dem Niveau besuchen müsstet. Das wäre nicht nur höchst ineffizient, vor allem bezüglich Eures Zeiteinsatzes, es wäre auch frustrierend und ich sage einfach mal so frustrierend, dass es sicher falsch wäre. Andererseits lieben die meisten von uns es, in einem mehr oder weniger hochentwickelten Industrieland zu leben. So etwas gibt es aber nur, wenn in der Vergangenheit und Gegenwart immer wieder ein paar Einzelpersonen herausragende Leistungen erbracht haben und man kann es durchaus als Ziel ansehen, diesen bei der Ausbildung dazu die Möglichkeiten zu geben. Es spricht also durchaus auch einiges dafür, ein Schulsystem zu haben, das auch die Spitzengruppe der Schüler berücksichtigt und fördert. Ein interessantes Beispiel scheint Serbien zu sein, wo im Fach Mathematik auf dem Weg zum höchsten Schulabschluss etwas doppelt so viel behandelt wird wie in einem deutschen Gymnasium, mit Beweisen und allem. Allerdings zum Leidwesen der Schüler, die in diesem Fach nicht gut sind und es mit anderen Fächern irgendwie ausgleichen müssen.

Nun ist es in Deutschland so, dass zwei Blöcke sich gegenüberstehen oder -standen, auch wenn sie in fast allen anderen Punkten wirklich übereinstimmende Standpunkte vertreten. Die eine Idee ist es, viele neue Ideen in das Schulsystem zu bringen, aber unter der Prämisse, alle Schüler gleichzumachen. Die andere Idee ist, sich möglichst an dem etablierten Schulsystem von vor 50 Jahren zu orientieren und dessen Werte zu pflegen. Wer hat recht? Beide und keiner von beiden. Das klassische dreigeteilte Schulsystem kam der Spitzengruppe ein Stück weit entgegen, weil die Gymnasien nur überhaupt die Minderheit der Schüler aufgenommen haben und so automatisch ein etwas höheres Durchschnittsniveau gegeben war. Aber es war ein recht starres System, weil innerhalb dieser Gruppe wiederum alle Schüler über einen Kamm geschoren wurden. Schüler mit ungleich verteilten Begabungen mussten sehr um ihr Überleben kämpfen, wenn sie später etwas in dem Gebiet, wo sie gut waren, studieren wollten, um mit den Fächern, wo sie nicht so gut waren, zu überleben. Es besteht die Gefahr, eine Immunität gegenüber Innovationen zu entwickeln, weil man ja so überzeugt davon ist, das bestmögliche Schulsystem zu haben und mindestens so viel besser als der Vorschlag des anderen Blocks ist.

Was kann man aber verbessern? Fangen wir an mit dem Thema der Teamfähigkeit. Hier wird der Mythos der Klassengemeinschaft hochgehalten. Das mag für untere Jahrgänge auch gut sein, ich halte aber viel mehr von einer Durchmischung des ganzen Jahrgangs mittels eines Kurssystems, wie es zu manchen Zeiten in manchen Gegenden von Deutschland in der Oberstufe existierte. Da lernt man fast den ganzen Jahrgang kennen und sich mit mehr verschiedenen Mitmenschen auseinanderzusetzen. Das eliminiert die Zufälligkeiten der Zusammensetzung von Klassen und bietet die Chance, passendere Bekanntschaften zu machen als diejenigen, die zufällig in derselben Klasse gelandet sind. Und aus der Schulzeit kann man ja Freundschaften für das Leben mitnehmen. Wenn man diese im ganzen Jahrgang finden kann, ist das noch besser.

Das dreigeteilte Schulsystem erscheint mir grundsätzlich ein sinnvoller Schritt zu sein und die Beschränkung auf 12 Jahre Schulzeit für den schnellsten normalen Weg zum Abitur finde ich auch sinnvoll, man denke nur an die Effizienz mit der Zeit der Schüler. Dass es für einige Schüler, und das kann ruhig ein zweistelliger Prozentsatz sein, 13 Jahre dauert, ist akzeptabel, wenn es einen nützlicheren Weg als die Wiederholung der gleichen Klasse gibt, um die Schulzeit zu verlängern.

Was ich sinnvoll fände, wäre spätestens ab der 9. Klassenstufe ein komplettes Kurssystem zu haben. Statt dass man seine 2-3 Lieblingsfächer oder die 2-3 Fächer, mit denen man am ehesten noch das Abitur schaffen kann oder die 2-3 Fächer, in denen man meint, besonders viel lernen zu können, als Hauptfächer in Kursen wählt, wo man etwas mehr Stunden hat und wo auch noch etwas mehr Tempo gemacht wird, kann man ja ruhig bestimmte vorgegebene Fächer für alle mit einer bestimmten Stundenzahl pro Woche obligatorisch machen. Es lässt sich nur für dasselbe Fache jeweils zwischen zwei oder mehr Kursen auf verschieden hohem Niveau wählen. Z.B. in Mathematik auch ein Kurs auf serbischem Niveau. In den Fächern, wo jemand nicht so gut ist, kann er oder sie jeweils den einfachsten Kurs wählen und bekommt das Grundlagenwissen mit und solange ein Mindestniveau erreicht wird, reichen die Noten auch zum Weiterkommen oder zum Abitur. In den Fächern, wo jemand gut ist, kann diese Person den anspruchsvollsten Kurs wählen und so mit der eingesetzten Zeit mehr lernen und Langeweile vermeiden oder wenigstens reduzieren. Es ist aber in dem System auch einfacher, Alternativen anzubieten, z.B. als dritte Fremdsprache oder für die Auswahl zwischen Religionsunterricht verschiedener Konfessionen oder Alternativen dazu für Konfessionslose. Warum legt man sich bei der dritten Fremdsprache so auf die Auswahl zwischen Französisch und Latein fest? Russisch, Spanisch und Italienisch sind ähnlich sinnvoll, ebenso oft die Sprache des nächsten fremdsprachigen Nachbarlands. Mehrere Fremdsprachen zu lernen ist sehr sinnvoll, eine der Ausbildungen aus der Schule, deren Nutzen im späteren Leben besonders offensichtlich ist. Ein Kurssystem kann auch Umzügen Rechnung tragen. Wenn man eine Sprache hatte, die es in der neuen Schule nicht gibt, kann man den Besuch eines Sprachkurses für Anfänger auch jahrgangsübergreifend zugänglich machen, für diese Fälle. Jahrgangsübergreifende Kurse sind auch eine Alternative zum Wiederholen einer ganzen Klasse, wenn dort nur die Kurse wiederholt werden, die Probleme gemacht haben. Irgendwann sind dann in den Fächern, die keine Probleme gemacht haben, nach der 12. Klasse alle Kurse aufgebraucht, in den Fächern, die Probleme gemacht haben, dauert es aber noch ein Jahr. In einem Kurssystem könnte man aber auch dies auffüllen. Vielleicht mit Kursen aus Fächern, wo diese Person gut war, aber nicht gut genug für den anspruchsvollsten Kurs. Dann könnte diese Person diesen im letzten Jahr besuchen. Oder sonst vielleicht Sprachkurse oder Fächer, die sonst optional sind.

Das Thema gibt sicher noch mehr her, aber ich will mit einer abschließenden Bemerkung diesen Artikel beenden. Da ich hier nicht viel über die Frage geschrieben habe, wo die unterdurchschnittlichen Schüler bleiben, möchte ich auf den Anfang zurückkommen. Für diesen Bereich bieten die Pisastudien aber gute Hinweise, wo das Thema gut gelöst ist. Von den Ländern, die da gute Ergebnisse erzielt haben, sollte man lernen und ich denke, dass sich das auch im Rahmen eines differenzierten Kurssystems gut umsetzen lässt.

Schmetterlingswanderungen

Jeder kennt die Zugvögel, die jeden Herbst nach Süden ziehen. Dass sie dabei tausende Kilometer zurücklegen und zum Teil von Nordeuropa bis ins südliche Afrika oder von Nordamerika bis ins südliche Südamerika fliegen, ist beeindruckend.

Aber es gibt so etwas auch bei Schmetterlingen:

Wanderfalter legen auch Distanzen von mehreren 1000 km pro Richtung zurück. Die Monarchfalter in Nordamerika sind interessant, weil sie etwa vier Generationen pro Jahr bilden.  Die Sommergenerationen leben nur jeweils etwa einen Monat lang und wandern zum Teil noch weiter nach Norden. Dann wächst im Herbst eine Wintergeneration heran, die langlebiger ist, nach Mexiko wandert und dann ein paar Monate später wieder zurück, eventuell nur einen Teil der Strecke, so dass der Rest von der ersten neuen Generation bewältigt wird.  In Mexiko überwintern die meisten in einem recht kleinen Areal. Da sie giftig sind, haben wohl Fressfeinde dieses Reservoir an Futter noch nicht im großen Stil anzapfen können. Aus bislang weitgehend unbekannten Gründen scheint die Population aber in den letzten Jahren drastisch zurückzugehen, mehr als durch die ohnehin starken Schwankungen der Populationsgröße erklärbar ist.

Ich bin darauf durch einen Artikel im Wissenschaftsteil der NZZ gestoßen, der aber leider nicht im öffentlich sichtbaren und verlinkbaren Teil der Webseite zu finden ist, und fand dies so interessant und überraschend, dass ich es gerne mit Euch teilen möchte.

Welche Tiere außer Schmetterlingen und Vögeln legen noch so große Wanderungen im Jahreszyklus oder im Lebenszyklus zurück?

  • manche Wale
  • Fische, z.B. Lachse und Aale
  • Manche Fledermäuse
  • Andere Insekten, z.B. Heuschrecken (oh Schreck)
  • Manche Schildkröten leben mitten im Pazifik und legen die Eier an Land

Wettbewerb oder ein System bei vielen Bahngesellschaften

In Europa gibt es viele Bahngesellschaften, sagen wir mal in jedem größeren Land mindestens eine.

Nun sagt die reine Lehre der Marktwirtschaft, dass man sich Wettbewerb zwischen diesen Bahngesellschaften wünschen soll.  Dass jede ihre eigene Bahnstrecke parallel zur anderen baut, so absurd hat man es in Nordamerika wohl getrieben, in Europa wird es dazu aber wohl nicht kommen.

Man nimmt die Schienen hier als Verkehrswege gegeben an, analog zu den Straßen, die ja auch von staatlichen und staatsnahen Organisationen gebaut und betrieben werden.

Aber wir dürfen nicht vergessen, die „reine Lehre“ der Marktwirtschaft ist sicher eine tolle Sache, die in anderen Bereichen für faszinierende Fortschritte gesorgt hat.  Aber doch ist sie nur ein Mittel zum Zweck, um den Menschen zu dienen und nicht Selbstzweck.  Wie den Menschen gedient werden soll, was wünschenwert, was gerecht ist, das muss man letztlich definieren und das Wirtschaftssystem dient diesem Ziel dann, mehr oder weniger erfolgreich.

Wenn nun verschiedene Bahngesellschaften konkurrierend Züge anbieten, dann kann man ja als Fahrgast vom Wettbewerb profitieren und vielleicht günstigere Fahrkarten oder besseren Service bekommen.  Oft in einer frühen Phase, in der ausgefochten wird, wer welche Strecke fahren darf. Danach sind die Preise dann oft wieder hoch…

Interessant für die Fahrgäste ist es aber auch, wenn die öffentlichen Verkehrsmittel also ein Gesamtsystem funktionieren:

  • Anschlüsse sind aufeinander abgestimmt, vom ÖPNV bis zum internationalen Verkehr
  • Man kann einfach eine Fahrkarte für die Gesamtreise buchen und muss nicht an verschiedenen Stellen kaufen (und umtauschen).
  • Wenn es nicht klappt, sieht sich die Bahn für die gesamte Reisekette verantwortlich.

Zur Erläuterung des dritten Punkts ein Erlebnis:  Ich fuhr im Zug von Karlsruhe nach Olten, musste in Basel SBB umsteigen. Es war eine der letzten Verbindungen am Tag und der Zug hatte fast eine halbe Stunde Verspätung.  Die Frage kam auf, was aus meiner Gesamtreise wird. In der Regel kümmert sich die Bahn um die Fahrgäste:

  • Anschlüsse warten oder Ersatzverbindungen werden vorgeschlagen
  • Beim letzten Zug warten die Anschlüsse besonders lange
  • Wenn es nicht möglich ist, organisiert die Bahn Übernachtung oder Weiterreise mit anderen Verkehrsmitteln oder mit zusätzlichen Zügen (habe ich alles schon erlebt)

Nun habe ich für die Schweiz ein sogenanntes „Generalabonnement“, das etwa der deutschen „BahnCard100“ oder der früheren „Jahresnetzkarte“ entspricht, also nur eine deutsche Fahrkarte bis Basel gehabt.  Der Kommentar des Kondukteurs war nun, ich hätte halt trotz Generalabonnement eine Fahrkarte für die Gesamtstrecke kaufen sollen und nun sei halt mein Pech, wenn ich in Basel strande.  Es gab noch einen Zug eine halbe Stunde später und alles war gut.  Aber ist es wünschenswert und richtig, dass die Bahnen hier jede ihren Garten haben und sich nicht für die Gesamtreisekette verantwortlich fühlen?

Insgesamt bin ich ja bisher recht glücklich gewesen, dass die verschiedenen Bahnen sich quasi als ein europaweites System gesehen haben, so ist es jedenfalls bei mir als Fahrgast und Kunde angekommen.  Man kauft Fahrkarten bis ans Ziel europaweit, solange keine Fahrradreserverierungen dabei sind. Züge fahren durchgängig über die Grenze.

Ein System ist aber auch nützlich, wenn man auf einer Verbindung alle Züge nutzen kann und nicht auf die selten fahrenden Verbindungen der Bahngesellschaft angewiesen ist, mit der man zufällig die Fahrkarte gekauft hat.  So kann man sich bei Fahrkarten ohne Zugbindung, die der Normalfall sein sollten, immer noch spontan für einen anderen Zug entscheiden.

Ich denke, dass das so bleiben sollte und uns als Fahrgästen mehr nützt als temporär 5% billigere Fahrkarten zu bekommen.  Auch wenn man nicht mit Geld um sich werfen kann.

Bahn und Militär

Es scheint in vielen Ländern Verknüpfungen zwischen Bahn und Militär gegeben zu haben oder immer noch zu geben:

  • Das Militär setzte im 19. Jahrhundert beim Bahnbau oft Streckenverläufe durch, die verkehrstechnisch unzweckmäßig waren (und noch sind), aber den Bedürfnissen des Militärs entsprachen.
  • Brücken müssen oft „Sprengschächte“ haben, damit man sie leichter zerstören kann.
  • Die Bahn wird gezwungen, Dieselloks vorzuhalten, die auch noch fahren können, wenn die Oberleitung zerstört wurde.
  • Ersatzbrücken müssen vorgehalten werden, die man behelfsmäßig für zerstörte oder gesprengte Brücken einsetzen kann.
  • Militärangehörige dürfen gratis oder zu vergünstigten Konditionen mit der Bahn fahren, nicht immer zur Freude der Mitreisenden.

Die Frage stellt sich, ob auf diese Weise Militär-Ausgaben als „Bahndefizite“ getarnt werden. Die Antwort ist sicher vom Einzelfall abhängig und bei subtileren, undurchschaubaren Dingen wie den ersten vier Punkten dürfte die Versuchung groß sein, das zu tun, zumal „bürgerliche“ Politiker (wozu in diesem Zusammenhang, also Militär und Verkehr, auch die deutsche SPD und die deutschen Grünen zählen) mögen meistens das Militär und den motorisierten Individualverkehr sehr gerne und sind kritisch oder gar ablehnend gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln und der Bahn. So kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, dem Militär noch zusätzliches Geld zuschanzen und der Bahn Defizite vorwerfen und Strecken- und Angebotsabbau fordern. Und dann Straßenbau, um den verlagerten Verkehr mit Autos zu bewältigen. Oder ganz witzig, Straßenbau, damit genug Platz ist für Linienbusse. Dass fast alle Straßen auf dieser Erde hochgradig defizitär ist, wird natürlich ausgeblendet.

Zu den Punkten im einzelnen: Die Streckenverläufe sind tatsächlich oft in Zusammenarbeit mit dem Militär und unter Berücksichtigung von deren Bedürfnissen entstanden. In Schweden sieht man es mit einem Blick auf die Landkarte besonders deutlich, weil dort die Orte an der Küste liegen, aber die Nord-Süd-Strecken weitgehend im Landesinnern verlaufen, mit Stichbahnen zur Küste. Nun hat man inzwischen von Stockholm bis Umeå küstennahe Strecken erstellt, aber im Grunde genommen wäre eine vollständige Küstenbahn von der finnischen Grenze bis Trelleborg oder Malmö sinnvoll. Diese Altlast wird aber wohl nur teilweise korrigiert werden und längerfristig ein Nachteil der Bahn bleiben, während gut ausgebaute Küstenstraßen natürlich existieren. In Ländern mit höherer Besiedlungsdichte und dichteren Bahnnetzen fällt das weniger auf, aber auch dort wurden einige Strecken überwiegend für die Bedürfnisse des Militärs gebaut, etwa an der Südgrenze zur Schweiz, wo die kürzere und verkehrlich sinnvolle Verbindung mehrmals durch die Schweiz führt. Sie existiert und wird rege genutzt, während man zusätzlich teure Umgehungsstrecken gebaut hat, um dort Militärtransporte durchführen zu können.

Nun ist es aber so, dass man die Koordinaten von Brücken gut kennt und jemand mit einer Armee z.B. eine Rakete auf diese Brücke schicken kann. Sie wird dann mit einer Behelfsbrücke wieder aufgebaut und dann schickt der nette Raketenbesitzer nochmal eine Rakete, bis alle Behelfsbrücken verbraucht sind. Dann ist die ganze Bahnstrecke unbrauchbar. Deshalb mögen Militärleute heute Straßen, weil es meistens viel mehr Ausweichrouten gibt und weil man oft eine Fähre an einem beliebigen Ort einrichten kann um eine Brücke zu ersetzen, was das Unterbrechen der Verbindung erschwert.

Zu beurteilen, wie realistisch das Szenario ist, dass die Oberleitungen zerstört werden, aber die Gleise noch vollständig benutzbar sind, überlasse Euch. Tatsache ist aber, dass Bahnen deshalb Diesel- oder gar vor wenigen Jahrzehnten noch Dampfloks vorhalten mussten. Das hat dann dazu geführt, dass sinnvolle Elektrifizierungsprojekte nicht umgesetzt werden konnten, weil man dann die Dieselloks nicht hätte nutzen können. Das scheint heute keine große Rolle mehr zu spielen, außer dass eben Strecken, die in Deutschland in der großen Elektrifizierungswelle der 60er und 70er Jahre nicht berücksichtigt wurden, zum Teil heute noch mit Diesel laufen. Man hat in einem Land irgendwann sogar die Sinnlosigkeit der „strategischen“ Dampfloks erkannt, weil es nicht genügend Museumsbahnen gibt, bei denen man noch Leute findet, die Dampfloks bedienen können. So hat man letztlich nur Geld weggeworfen, ohne dass es dem Militär irgendwas genützt hätte. Interessanterweise hat man in der Schweiz umgekehrt aus „strategischen“ Gründen fast alle Bahnstrecken elektrifiziert. Seit etwa zwei Jahren sind meines Wissens alle fahrplanmäßig für Personenverkehr genutzten Strecken elektrifiziert und Diesel kommt nur für Güterverkehr, Museumsbahnen (dort auch oft Dampf), Abstellanlagen, Rangierbahnhöfen, Güterbahnhöfen u.ä. zum Einsatz. Oder bei (seltenen) Oberleitungsstörungen.

Interessant ist die Frage, wie weit die Freifahrten der Militärangehörigen vom Verteidigungshaushalt oder von der Bahn selber übernommen werden. Weiß darüber jemand etwas? Militärangehörige sollen selbstverständlich gerne mit der Bahn fahren, am liebsten ohne gefährliche Gegenstände wie Waffen und Patronen und ähnliches mitzuführen. Auch hier freue ich mich über die Bewältigung von Verkehr mit unweltfreundlicheren Verkehrsträgern.  Aber sie sollten sich genau wie Fussballfans und alle anderen Reisenden mit exzessivem Alkoholkonsum und mit Randalieren zurückhalten, auch wenn etwas beschönigend gesprochen „Randale“ ihr Job ist.