Neubaustrecke Karlsruhe – Basel oder Baden 21

Die Bahnstrecke von Karlsruhe nach Basel soll komplett viergleisig werden. Das war schon in den 80er Jahren die Planung, wobei damals zunächst noch mit drei Gleisen zwischen Offenburg und Basel und vier Gleisen zwischen Offenburg und Karlsruhe gerechnet wurde. Das hatte eine gewisse Plausibilität, weil in der Gegend von Offenburg Bahnstrecken nach Straßburg und nach Konstanz abzweigen und weil in Offenburg das von den Niederlanden bis nach Süddeutschland durchgängig dicht besiedelte Gebiet ausläuft. Rein einwohnermäßig wäre Basel viel zu klein, um eine solche Fernverkehrsanbindung zu erhalten, aber die Schweizer fahren relativ viel Bahn und natürlich liegen hinter Basel auch noch Zürich und Bern und einige andere Orte. Gerade die Bahnstrecke von Basel nach Offenburg hat eine sehr hohe Auslastung.

Etwa gegen Ende der 80er Jahre fand ein Umdenken zugunsten einer Lösung mit durchgängig mindestens vier Gleisen vom Ruhrgebiet bis nach Basel statt. Es sollte einerseits mehr Kapazität geschaffen werden und andererseits sollten die Fernverkehrszüge von 160 km/h auf 250 km/h beschleunigt werden, um kürzere Fahrzeiten zu ermöglichen. Ein etwa 45 km langer Abschnitt von Rastatt-Süd (ca. 25 km südlich von Karlsruhe) nach Offenburg wurde schon in den 90er Jahren in Angriff genommen und etwa 2004 fertiggestellt. Hier verlaufen jetzt vier Gleise gebündelt, von denen zwei für 160 km/h ausgelegt sind und dem Regionalverkehr dienen und zwei für 250 km/h ausgelegt sind und überwiegend dem Fernverkehr dienen. Der Güterverkehr kann meines Wissens alle Gleise verwenden. Es wurden Lärmschutzwände gebaut, wo dicht besiedeltes Gebiet durchquert wird.

Nun ist mit der Schweiz vertraglich vereinbart worden, dass der viergleisige Ausbau von Offenburg bis zur Grenze tatsächlich durchgeführt wird. Das Gesamtprojekt firmiert unter dem Namen Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe–Basel. Die Deutsche Bahn hat eine umfangreiche Seite über das Projekt. Ganz im Süden ist inzwischen mit dem Katzenbergtunnel ein weiterer Teilabschnitt gebaut worden. Hier hat man erst relativ spät die Rheinauen trockengelegt und musste mit der Bahnstrecke in eine Lage nahe der Hänge der Schwarzwaldausläufer ausweichen, was zu einer sehr kurvigen Trasse führte. Der neue Abschnitt bringt hier eine schöne Strecken und Fahrzeitverkürzung. Zwischen diesem Abschnitt und Basel haben mindestens die Vorarbeiten auch schon begonnen. Das betrifft ebenso den nördlichen Abschnitt, wo bei Rastatt noch ein zweigleisger Engpass und eine wenig leistungsfähige Durchfahrung der Stadt mit ihrem Bahnhof besteht. Hier ist ein Tunnel unter der Stadt seit den 80er Jahren geplant. Man hat nördlich von Rastatt im Zuge der N36 Umgehungsstraßen gebaut, die mit der geplanten Bahnstrecke gebündelt verlaufen. Aber erst jetzt angefangen, auf diesem Abschnitt auch die neue Bahnstrecke zu bauen. Die Fläche, wo die Gleise später hinkommen sollen, wurde damals beim Straßenbau nur planiert und als Unterbau fertiggestellt. Nördlich von Rastatt gibt es bis Frankfurt und sogar bis zum Ruhrgebiet jeweils mindestens zwei oder drei parallel verlaufende zweigleisige elektrifizierte Strecken und damit eine gute Kapazität, allerdings ist zwischen Frankfurt und Mannheim doch noch eine weitere Strecke, die sogenannte Neubaustrecke Rhein/Main – Rhein Neckar, für den schnellen Fernverkehr erforderlich und geplant.

Freiburg liegt nicht an der kürzesten Verbindung von Offenburg nach Basel, ist aber andererseits ein wichtiger Fernverkehrshalt. So hat man sich entschieden, die kürzeste Verbindung bei Freiburg als reine Güterzugstrecke zu bauen und den Umweg über Freiburg für 200 km/h zu ertüchtigen. Ob dort ein dreigleisiger Ausbau einmal sinnvoll wird und auch geplant ist, ist mir nicht bekannt. Es wäre aber plausibel, zumal Freiburg einen recht umfangreichen Nahverkehr in seiner Umgebung hat. Eine Kuriosität ist, dass Freiburg bereits eine Güterzugumgehungsstrecke hat, die relativ nahe an der Stadt verläuft. Es bestehen Pläne, diese für den Nahverkehr zu nutzen, sobald die neue Strecke fertig ist.

Nun gibt es aber Widerstand gegen die Idee, die Strecke überweigend gebündelt mit der bstehenden zu bauen, da dicht besiedelte Gebiete durchfahren werden. In Offenburg ist das sicher der Fall. Südlich von Offenburg sind die Orte historisch viel näher am Schwarzwaldhang gewesen, um den Rheinauen mit den regelmäßigen Überschwemmungen auszuweichen, und erst mit der Eindeichung und Begradigung des Rheins und der weitgehenden Trockenlegung der Rheinauen konnte die Bahnstrecke so einfach den heutigen flachen und kurvenarmen Verlauf erhalten und die Orte konnten auf die Bahnstrecke zuwachsen.

Nun haben sich Bürgerinitiativen gegen den Ausbau neben der bestehenden Bahnstrecke zusammengetan und auf ein Alternativprojekt, das sie Baden 21 nennen, geeinigt, für das sie nun eintreten. Sie wollen eine weiter westlich verlaufende Neubaustrecke haben, was an sich noch plausibel ist, aber diese soll nun eine reine Güterverkehrsstrecke werden und die ICEs sollen komplett die alte Strecke befahren, sogar den Katzenbergtunnel nicht mehr verwenden. Damit ginge ein wesentlicher Vorteil der Neubaustrecke, die Fahrzeitverkürzung im Fernverkehr, komplett verloren oder bliebe einem weiteren Zukunftsprojekt vorbehalten, dessen Realisierung nicht zeitnah zu erwarten wäre, da ja mit der neuen Güterzugstrecke gerade „genug“ in diese Verbindung investiert worden wäre.

Ich denke, man sollte dabei bleiben, die neuen beiden Gleise zumindest auf dem größten Teil der Strecke für den schnellen (Personen-)fernverkehr (IC, ICE) zur Verfügung zu stellen. Es ist betrieblich vorteilhaft, überwiegend mit der vorhandenen Strecke zu bündeln, da diese ja schon überwiegend abseits der Ortszentren und auf einer geraden und ebenen Trasse verläuft. Der Wunsch nach einem Tunnel in Offenburg ist plausibel. Man kann heute recht gute Lärmschutzwände bauen, aber es ist auch möglich, Drehgestelle, Räder und Bremsen der Züge zu optmieren, um sie leiser werden zu lassen. Warum sind Reisezüge trotz höherer Geschwindigkeiten schon leiser als Güterzüge? Ich denke, dass man im Raum Freiburg, wo eine reine Güterzugstrecke den Umweg abkürzen sollte, einen dreigleisigen Ausbau, von dem ich noch nichts gehört habe, in Betracht ziehen sollte. Vor allem ist es gut, wenn dieses Projekt auch einmal voran kommt und fertiggestellt wird. Ich unterstütze die Linie des Fahrgastverbands pro Bahn, hier auf die Beschleunigung der ICE-Züge als Gewinn aus dem Projekt zu achten.

Um es einmal erwähnt zu haben: Ich wohne in Olten direkt neben einem Bahnhof, wo etwa 1000 Züge am Tag verkehren. 500 Züge halten dort, weitere 500 fahren ohne Halt da durch, einschließlich vieler Güterzüge. Das ist der Blick aus meinem Wohnzimmerfenster. Die Lautsprecherdurchsagen von dort sind bei geöffnetem Fenster problemlos verständlich.

Update 2016-05-28

Es ist nun beschlossen worden, dass Offenburg eine Umfahrung durch einen Tunnel für Güterzüge erhalten soll und dass die Strecke von Offenburg bis zum Beginn der Freiburger Bucht und der direkteren Güterzugumgehung für Freiburg weiter westlich als die Bestandsstrecke verlaufen soll. Was aus den Informationen nur indirekt hervorgeht ist, dass die neue Strecke nun einen reine Güterzugstrecke werden soll und somit auf einen Ausbau für 250 km/h für ICEs zwischen Offenburg und Freiburg noch länger gewartet werden muss. Es wurde zwar ein Ausbau der Bestandsstrecke für 250 km/h beschlossen, aber das ist mit einigen Hindernissen verbunden und ich bin skeptisch, ob das ein durchgängiger Ausbau sein wird oder nur ein paar kurze Abschnitte betreffen wird. Warum man so gerne die ICEs mit 250 durch die so lärmgeplagten Orte führen möchte und warum man sie mit dem Regionalverkehr auf denselben Gleisen haben möchte, bleibt schleierhaft, ist aber die augenblickliche Beschlusslage.

Hier ein paar Links dazu:

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11 Kommentare

  1. Deutschland kennt zwar eigentlich nicht die direkte Demokratie wie die Schweiz, doch sind Anwohner so dickköpfig, dass sie solange Prozesse führen, bis Verkehrsplanungen so angepasst werden, wie es Anwohner wünschen. Wegen des Lärms möchte man lieber Güter- als ICE-Züge auf ortsfernen Gleisen haben. Güterwagen mit Scheibenbremsen wurden durch die SBB weitgehend verhindert, weil diese schwerer sind und daher bei den Bergstrecken zusätzliche Lokomotiven benötigen. Stattdessen setzte man auf nur geringfügig lautere Kunststoff-Klotzbremsen, die aber durch den Abrieb giftige Dämpfe freisetzen. Leider sind leisere Güterwagen immer noch die Minderheit (auch mit K-Bremse). Darum steht auch die Forderung im Raum, die Güterstrecke tiefer als die vorhandene Autobahn A5 zu verlegen, was aus wasserwirtschaftlichen Gründen gar nicht funktioniert.

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