Gotthard-Basistunnel und Seikan-Tunnel

Der sogenannte Gotthard-Basistunnel wurde heute offizielle eröffnet. Allerdings handelt es sich nur um einen sogenannten „Probebetrieb“ mit einzelnen Zügen und vor allem Güterzügen. Erst ab Dezember soll der neue Tunnel dann von einer größeren Anzahl von Reisezügen regelmäßig genutzt werden.

Die Eröffnung ist trotzdem eine kleine Sensation, weil es ein langjähriges Projekt ist, über das man Jahrzehnte disktutiert hat und an dem man dann auch noch fast 20 Jahre gebaut hat. Der in den 80-er Jahren anvisierte Endtermin war 2015. Dass er jetzt also in der ersten Hälfte 2016 eröffnet wird, ist eine gute Leistung.

Der Name „Gotthard-Basistunnel“ ist für meinen Geschmack etwas unglücklich gewählt, weil es so eine Verwechslungsgefahr mit dem bestehenden Tunnel gibt und weil der neue Tunnel eigentlich unter dem Lukmanierpass und nicht unter dem Gotthardpass verläuft. Aber nun heißt er so und die Hauptsache ist, dass er fertig geworden ist.

In der ersten Phase wird die Fahrzeit von Zürich und Basel nach Mailand und ins Tessin über diese Route um etwa eine halbe Stunde reduziert. Das ist wesentlich weniger als die ursprünglich angestrebte Verkürzung um mindestens eine Stunde und für die Größe der Investition eigentlich zu wenig. Man sollte allerdings fairerweise sagen, dass dieser Tunnel hauptsächlich von Güterzügen benutzt werden soll und pro Stunde sollen etliche Güterzüge da durchfahren. Für diese verbessert sich durch die neue Strecke einiges, weil man mit einer Lok Züge der maximal in Europa allgemein zulässigen Länge einsetzen kann und nicht die großen Steigungen überwinden muss, die für Güterzüge ein wesentliches Hindernis darstellen.

Hatte man ursprünglich angenommen, dass zwischen Zug und Zürich und zwischen Bellinzona und Lugano entsprechende Neubauabschnitte fertig werden, so ist der erste noch in der Planungsphase und immer wieder Diskussionsthema und der zweite wird erst etwa 2019 fertig. Damit würde sich die Fahrzeit noch weiter verkürzen. Außerdem hatte man Neigezüge zugrundegelegt, aber die italienischen Neigezüge (Pendolino) erwiesen sich als chronisch unzuverlässig und es ist möglich, dass auch das für einen Teil der nun wieder verlängerten Fahrzeitplanungen verantwortlich ist. Weiterhin wird zwischen Zug und Arth-Goldau die Bahnstrecke für einige Zeit gesperrt und die Züge müssen einen Umweg über Rotkreuz machen, der auch einen Teil des Fahrzeitgewinns absorbiert. Die Verkürzung um eine ganze Stunde gegenüber der Bergstrecke steht also noch aus, ist aber in Zukunft wohl noch möglich und realistisch.

Interessant ist, wie es mit den Zulaufstrecken aussieht. Auf deutscher Seite wird die Strecke von Karlsruhe nach Basel komplett viergleisig ausgebaut. Das wird damit also eine der bestausgebauten Bahnstrecken in Deutschland werden, es sind ja nur wenige längere Strecken viergleisig, jedoch gibt es oft parallel eine alte und eine neue Strecke mit insgesamt vier Gleisen. Dieses Projekt wird leider verzögert und die zugesagten Termine können nun nicht mehr eingehalten werden. Es gibt erstaunlich viel Diskussion um diese Zulaufstrecke, obwohl die ursprüngliche Strecke weitgehend abseits der Ortschaften gebaut worden war und die Orte erst später an die Bahnstrecke herangewachsen sind. Dies liegt daran, dass man früher nur in den unteren Hangbereichen bauen konnte, weil die Rheinauen und sich bei Hochwasser ständig ändernde Flussläufe die Talsole des Oberrheintals beanspruchten, was erst mit einer Kanalisierung und Trockenlegung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geändert wurde. Die Bahnstrecke konnte deshalb auf dem so gewonnen „Neuland“ flach, kurvenarm und durch unbewohntes Gebiet gebaut werden, mit Ausnahme der Abschnitte bei Freiburg, wo man die Stadt mit einem Umweg einbinden wollte und beim Idsteiner Klotz, wo die Trockenlegung erst später als die Bahnstrecke abgeschlossen wurde. Es scheint sich aber grundsätzlich, dass diese Zulaufstrecke ausgebaut wird und mit ein paar Jahren Verspätung fertiggestellt werden wird. Wie man aber diesem Youtube-Film implizit entnehmen kann, ist die Neubaustrecke zwischen Offenburg und Freiburg gestrichen worden. Stattdessen wird eine reine Güterzugstrecke gebaut und die vorhandene Strecke soll (vielleicht) irgendwann einmal für 250 km/h ausgebaut werden. Ein weiterer kleiner Schritt unserer auto-vernarrten Politiker, den Autoverkehr zu fördern und den Bahnverkehr auszubremsen. Mehr dazu in dem früheren Blog-Artikel.

Auf italienischer Seite gibt es auch vage Zusagen für die Ausbau von der Grenze bis Mailand, aber hier hört man immer wieder verschieden Dinge über die Priorisierung dieses Projekts.

Damit wird der Seikan-Tunnel als längster in Betrieb befindlicher Eisenbahntunnel abgelöst.
Aber auch beim Seikan-Tunnel gibt es Neuigkeiten. Dieser wurde bei seiner Fertigstellung mit Schmalspurgleisen in Kapspur (1067 mm) ausgestattet. Man hat aber damals schon an die Benutzung durch den Shinkansen gedacht und das Lichtraumprofil dafür ausgelegt. In den 80er Jahren war Japan das führende Industrieland und hatte eine enorme Wirtschaftskraft und Wachstum. Und sie hatten mit dem Aufbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes für den Shinkansen Vorbildfunktion für viele andere Länder. Aber der Shinkansen durch den Seikan-Tunnel ließ fast 30 Jahre auf sich warten. Nun ist seit März dieses Jahres dieser Meilenstein erreicht und die Shinkansen-Züge fahren auf Dreischienengleisen durch den Tunnel nach Hokkaido. Die weitere Verlängerung bis zum Hauptort Sapporo steht aber noch aus. So hat auch das andere neben der Schweiz für einen hohen Anteil des Schienenverkehrs am gesamten Personenverkehr bekannte Land in diesem Jahr einen Meilenstein erreicht.

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