Man hört immer wieder von einem Projekt, die Quattara-Senke mit Mittelmeerwasser zu füllen. Das ist ein 18’000 km² großes Gebiet in Ägypten in der Nähe der Mittelmeerküste, das bis zu 180 Meter unter dem Meersspiegel liegt. Würde man nun einen Kanal zum Mittelmeer bauen, so könnte man einige interessante Dinge auf einmal erreichen, auf Kosten von nutzloser und weitgehend von Mensch, Tier und Pflanzen unbewohnter Wüste erreichen:
- Es ließe sich mit dem Höhenunterschied viel Strom gewinnen. Dauerhaft, wegen der Verdunstung, bei vielleicht 50-100 Meter Höhendifferenz
- Eine Gegend um diesen künstlichen See würde vielleicht mehr Niederschläge bekommen und man könnte dort Wald oder Landwirtschaft haben
- Wasservolumen aus den Weltmeeren würde abgezogen und man könnte den Druck durch steigende Meeresspiegel verringern
Man sollte aber immer genauer hinschauen.
Eine naïve Umsetzung würde nur kurzzeitig funktionieren. Das Wasser würde verdunsten und das Salz zurückbleiben. Nachdem etwa 25-30 Seefüllungen verdunstet sind, wäre nur noch massives Salz übrig und man müsste das Projekt stoppen oder den Wasserspiegel nochmal massiv erhöhen, bis auch das vorbei ist. Für eine nachhaltige Lösung müsste man salzhaltiges Wasser aus dem See abpumpen und ins Mittelmeer zurückführen, um den Salzgehalt nach oben zu begrenzen. Energie würde man trotzdem gewinnen, weil wegen der Verdunstung viel mehr Wasser hereinlaufen könnte als abgepumpt werden müsste. Es müsste also nur ein kleiner Teil der gewonnen Energie dafür aufgewendet werden. Man könnte das ganze System aber als ein riesiges Pumpspeicherkraftwerk ansehen und in Zeiten von Energieüberschuss Wasser abpumpen. Im Gegensatz zu anderen Pumpspeicherkraftwerken würde man aber in diesem Fall wegen der Verdunstung mehr Energie gewinnen als man beim Abpumpen hineinsteckt. Es müsste wohl im Mittelmehr die Entnahme und die Rückführung räumlich getrennt werden, aber das ließe sich mit einem Tal und zwei darin verlaufenden Kanälen und einem kurzen parallel zur Küste verlaufenden Kanal für das zurück geführte Wasser lösen, was den entscheidenden Vorteil hätte, dass man nur einen Einschnitt (oder Tunnel) bauen müsste. Da in der Sahara viel Sonnenenergie vorhanden ist, könnte man z.B. das ganze mit großen Solarkraftwerken kombinieren und nachts Wasser aus dem Mittelmeer in die Senke leiten und tagsüber Solarstrom nutzen, um einen Teil des wegen der Verdunstung stark salzhaltigen Wassers aus der Senke ins Mittelmeer zu pumpen.
Theoretisch ließe sich das Rückführen sogar ohne äußeren Energieeinsatz erreichen, wenn das Konzentrationsgefälle hoch genug ist, allein durch Osmose, also durch die Energie, die beim Vermischen verschiedener Salzkonzentrationen frei wird. Dumm ist, dass es hier verkehrt herum ist, also auf dem höheren Niveau das niedriger konzentrierte Salzwasser, aber mit entsprechend komplexen Konstruktionen ließe sich auch das bewältigen. Aber ob das Projekt mit zwei Wasserläufen, einer solchen Pump- oder Osmosestation dann noch finanzierbar wäre, ist eine ganz andere Frage, als das ursprüngliche Projekt, das einfach nur einen Wasserlauf braucht und auch schon gemessen an der Energieausbeute immerhin so teuer ist, dass man es noch nicht einfach mal gebaut hat. So bizarre Vorschläge, wie den Kanal durch die Küstengebirge mittels Atombomben zu sprengen, um Kosten zu sparen, werden zum Glück nicht mehr ernst genommen.
Ein paar andere Fragen treten auch auf. Die Senke ist nun einmal Wüste mit wenig Leben, aber es ist doch ein Stück einmaliger Natur, die da verschwinden würde.
Außerdem wäre die Frage, ob Grundwasserbestände durch so ein Projekt versalzt würden.
Man sollte also mit solchen Projekten immer vorsichtig sein und in diesem Fall ist man es wohl auch, wenn auch hauptsächlich wegen der hohen Kosten.
Aber es ist auch wichtig, sich Gedanken zu machen, was für nachhaltige Alternativen zur Energiegewinnung es langfristig gibt. Die Möglichkeiten mit Wasserkraft, Wind und Solarenergie sind weltweit gesehen so groß, dass man sich von Verbrennungskraftwerken komplett verabschieden kann, wenn man es nur schafft, mit den Ländern mit großem Energiepotential zuverlässig zusammenzuarbeiten und gute Wege findet, solche Energiequellen zu nutzen.
Übrigens gehören Braunkohletagebaue in NRW zu den tiefsten Senken überhaupt auf der Erde. Sie sind von der Fläche klein. Aber man könnte natürlich auch hier während der Füllung mit Wasser Strom gewinnen, wenn sie hoffentlich noch 2019 stillgelegt werden. Oder man könnte auch dort Pumpspeicherkraftwerke bauen.
Letztlich liegt diese Senke komplett in Ägypten und es muss dort entschieden werden, ob man sich für so ein Projekt ernsthaft interessieren will.