Es gibt heute eine Menge Web-Seiten und Apps für Mobiltelefone, mit denen man Sprachen lernen kann. Sie werden dafür gerühmt, dass man dafür mit der Hälfte des Zeitaufwands wie in einem Kurs eine Sprache zu einem bestimmten Niveau lernen kann. Hinzu kommen jede Menge Möglichkeiten, Texte in einer beliebigen Sprache zu finden, z.B. in Wikipedia. Und man kann youtube-Filme finden, die Beispiele für gesprochene Sprachen enthalten, z.B. Reden von Putin auf Russisch. Es gibt aber auch youtube-Filme mit „Sprachunterricht“ auf verschiedenstem Niveau, mindestens für die häufigeren Sprachen.
Ich denke, dass Youtube und Wikipedia gut sind, damit man sich stärker bewusst wird, eine reale Sprache zu lernen und nicht irgendwas, was man halt so lernen muss. Es motiviert halt, wenn man einzelne Wörter oder sogar Sätze versteht. Duolingo, stellvertretend für einen ganzen Zoo von Apps und Webseiten hilft dabei, Vokabeln, Phrasen und Rechtschreibung zu lernen. Das sind Dinge, die man bei üblichen Kursen als Hausaufgaben bekommt und es gibt immer wieder man Phasen mit hoher Motivation, in denen man tatsächlich die Wörter lernt, wie man sie spricht, schreibt und übersetzt. Oft dauern diese Phasen nicht so lange an wie der Sprachkurs und man schleppt sich irgendwie durch. So kann man es schaffen, sehr lange eine Sprache in Kursen oder in der Schule zu lernen, ohne dass man in der Lage ist, mit Muttersprachlern mehr als 3-4 Worte auszutauschen, wenn man sich überhaupt traut. Die Wörter fallen einem einfach nicht ein. Nun hat Duolingo ein paar Vorteile. Es motiviert, weil man das Lernen in kleinen Portionen praktizieren kann und weil es zu einer Art Spiel gemacht wird. Man hat so einen „Baum“ von Kreisen. Die sind erst grau, wenn man dort noch nicht war. Dann werden sie bunt, sobald man die vorigen Übungen gemacht hat und dort etwas tun könnte. Jeder Kreis enthält einen Satz Übungen zu einem Thema, so etwa 1-12. Und jede Übung besteht aus ca. 20 Fragen und man bekommt die Fragen immer wieder vorgesetzt, bis man sie alle korrekt beantwortet hat. Oft sind es nicht einzelne Wörter, sondern recht lange Sätze, die man in die zu lernende Sprache übersetzen und richtig schreiben muss. Wenn man einen Satz Übungen geschafft, wird der Kreis orange. Und mit der Zeit veralten die Übungen, je nachdem, wie gut man damit war schneller oder langsamer. Der Veraltungsalogrithmus ist mir nicht ganz genau bekannt, aber jedenfalls werden Kreise wieder bunt. Wenn man eine Sprache lange nicht geübt hat, wird alles wieder bunt und es dauert lange, bis man das wieder orange hat. Man kann einzelne Übungen anwählen oder „Wiederholen“, womit Duolingo einem einen oder zwei der bunten Kreise auswählt und in eine Übung kombiniert, mit der man beide oder einen Kreis orange bekommen kann. Manchmal muss man viele Übungen mit demselben Kreis machen, um ihn oft genug wiederholt zu haben, dass er orange wird.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man Duolingo immer dabei hat und Zeiten im Zug, beim Schlange stehen oder sonst irgendwo beim Warten nutzen kann, um die Sprachen zu üben. Das geht mit Papier für die üblichen Hausaufgaben nur im Zug und die Zeit zum Auspacken und Einpacken ist etwas länger. Außerdem ist der Mechanismus recht effizient, aber darüber kann man natürlich genauere Untersuchungen anstellen, was wirklich effizient ist.
Andererseits lernt man mit so einer App etwas einseitig. Das Sprechen lernt man gar nicht, obwohl es wohl eine Funktionalität gibt, mit der man auch Sprechen kann, aber sie scheint noch nicht zu funktionieren und ich glaube auch nicht, dass das wirklich sinnvoll ist, weil man eben diese Sprechübungen viel schlechter unterwegs machen kann, ohne dass es andere stört. Ok, telefonieren darf man auch überall über beliebige Themen und mit beliebiger Lautstärke, aber das Telefonieren ist so ein Privileg, das sich nicht auf andere laute Tätigkeiten übertragen lässt.
Außerdem wird in Duolingo Grammatik nicht erklärt. Man übt einfach und weiß so ungefähr, wie man es richtig macht, aber die Systematik muss man sich woanders holen. Da kann ein Buch über Grammatik natürlich helfen, wo man ab und zu mal rein schaut. Oder Webseiten darüber. Ich glaube aber, dass man auch Unterricht nehmen sollte. Vielleicht braucht man das nicht jede Woche, alle zwei Wochen oder so wäre sicher gut, damit man einmal Fragen stellen kann, Grammatik erklärt bekommt und auch richtig sprechen lernt.
Sobald man ein gewisses Niveau erreicht hat, lohnt es sich natürlich, in ein Land zu reisen, wo die Sprache gesprochen wird. Es ist besser, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen, weil man da viel mehr Leute trifft, außer man reist in der Schweiz, wo die Leute, mit denen man in für längere Gespräche in Kontakt kommt, überwiegend Ausländer sind. Aber um Deutsch zu lernen ist Deutschland auch viel besser geeignet als die Schweiz, weil es für Sprachanfänger einfach nur verwirrend ist, sich mit Dialekten herumzuschlagen und viele Schweizer sich mit Hochdeutsch nicht so wohl fühlen, auch wenn es eine der vier Amtssprachen ist. Überall ist es nicht mehr ganz so einfach wie noch vor wenigen Jahren, im Zug ins Gespräch zu kommen, weil die Leute alle mit ihren Mobiltelefonen beschäftigt sind. Ich habe ja weiter oben selbst ein Beispiel dafür gegeben.
Bei mir ist im Moment das Thema Russisch zu lernen am wichtigsten, aber ich habe mich zeitweise auch mit anderen Sprachen beschäftigt. Niederländisch, Italienisch und Norwegisch habe ich nur vom Zuhören und sicher inspiriert durch die Ähnlichkeit mit Deutsch, Spanisch und Schwedisch gelernt und ich grabe die immer wieder eine Weile vor einer Reise in die entsprechenden Sprachgebiete aus. Französisch und Spanisch hatte ich in einigen Kursen als Schüler oder Student gelernt und grabe die auch immer mal wieder aus. Schwedisch kann ich recht gut, aber es hat doch geholfen, den Baum orange zu lernen, um etwas zu wiederholen oder Dinge, die ich vorher nicht benutzt habe, dazu zu lernen. Esperanto habe ich vor etwa einem Jahr angefangen zu lernen und es jetzt wieder etwas zurückgestellt, weil andere Sprachen mir im Moment wichtiger sind. Esperanto, Niederländisch und Italienisch kann ich jeweils auf einem Niveau weit unterhalb von A2, vielleicht etwa A1 oder weniger, deshalb würde ich im Moment noch nicht sagen, das ich diese Sprachen kann.
Zum Spaß füge ich hier mal meine heutigen Screenshots für diese Sprachen ein.
Es täuscht etwas, wie Duolingo das Niveau der Sprachkenntnisse bewertet. Norwegisch und Spanisch kann ich besser als Russisch, aber die beiden Sprachen habe ich weniger als Russisch in Duolingo geübt. Mir fällt es etwas schwerer, Russisch zu lernen als Norwegisch oder Spanisch, deshalb brauche ich mehr Übungen, mehr Zeit und bekomme bei Duolingo auch mehr „Punkte“ für mein Russisch. 🙂