Wie funktioniert die Sonne

Man kann sehr leicht in Büchern, im Internet und speziell bei Wikipedia lesen, wie die Sonne funktioniert. Aber man entdeckt beim Lesen doch immer mal wieder eine Überraschung oder auch etwas, was eigentlich gar nicht so überraschend ist, wenn man darüber nachdenkt. Die Idee ist ja, dass beim sogenannten Wasserstoffbrennen vier Wasserstoffkerne zu einem Heliumkern fusionieren. Das geht aber nicht, denn es würde voraussetzen, dass sich vier Atomkerne gleichzeitig so nahe kommen, dass sie miteinander reagieren können. Das passiert nicht. Jedenfalls um viele Größenordnungen seltener, als dass sich nur zwei Atomkerne so nahe kommen, dass es zu einer Reaktion kommt. Letztlich ist das wie eine zweite Chemie und sie verhält sich anscheinend in mancher Hinsicht ähnlich wie die normale Chemie, bei der die Reaktion durch den Zusammenprall von zwei Molekülen zustande kommt. Und komplexere Reaktionen mit mehr Reaktionspartnern finden in Zwischenschritten statt, weil man den Fall, dass sich in dem fast leeren Raum mehr als zwei Molekülen an einem Punkt im richtigen Winkel, mit der richtigen Geschwindigkeit u.s.w. treffen, sehr klein, sogar vernachlässigbar klein ist. Es finden also immer Ketten von Reaktionen statt, deren Gesamtergebnis durch die komplexe Reaktion beschrieben wird, die eigentlich eine Vereinfachung ist. Genauso ist es hier auch. Es reagieren zwei Atomkerne und dann wieder zwei. Es gibt verschiedene Varianten. Am Ende ist in einem Teil der Fälle aus vier Wasserstoffkernen ein Heliumkern entstanden. Vereinfacht sieht es etwa so aus:

Es geht dabei noch weiter. Es werden ja sogar so nebenbei Protonen in Neutronen umgewandelt… Man sieht, es gibt auch in den Atomkernen eine Art Bindung, stabile und weniger stabile Kerne und man kann diese Bindung in einigen Kernreaktionen auch aufbrechen. Interessant ist, dass die positiv geladenen Teile der Atomkerne, also die Protonen, sich abstoßen müssten und zwar ganz schön stark. Nun wirken dort Gluonen, schwache Wechselwirkung und starke Wechselwirkung und so fliegen Atomkerne nicht auseinander, jedenfalls nicht immer. Auch zerfallen Neutronen in ein Proton und ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino, wenn sie isoliert unterwegs sind, während sie durch die Einbindung in den Atomkern stabilisiert werden. Üblicherweise wird diese „zweite Chemie“ als Teil der Physik angesehen. Sie findet in Temperatur- und Druckbereichen statt, in denen unsere „normale“ Chemie nicht mehr relevant ist, weil alle Moleküle sofort zerfallen. Aber man stellt fest, dass grundsätzliche Naturgesetze, wie zum Beispiel die Hauptsätze der Thermodynamik, auch hier zu gelten scheinen, wenn man sie nur richtig liest. Das Themengebiet ist wirklich interessant und um es zu verstehen, muss man wohl einige Zeit aufwenden…

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Ruhewagen

Manche Bahnen haben Ruhewagen, in denen man sich ruhig verhalten soll, insbesondere Gespräche und Telefonate meiden sollte. Dafür kann man dort weniger gestört lesen oder arbeiten.

Das gab es bei der SBB auch einmal und zwar von 2008 bis 2009. Jetzt immer noch gelegentlich in der ersten Klasse. Man sagt, dass die Fahrgäste nicht bereit waren, diese Regel zu beachten. Man sagt, dass dies auch und insbesondere Ausländer waren. Man sagt, dass es auf keinen Fall in Frage komme, so etwas auch für die 2. Klasse wieder einzuführen. Aber vielleicht lässt sich das auch noch einmal überdenken.

Wenn insgesamt viel Zeit mit Bahnfahren verbringt, stellt sich irgendwann die Frage, wie man die Zeit nutzen kann. Die Gegend anschauen ist mal interessant, aber wenn man oft dieselbe Strecke fährt oder eher langweilige Strecken, ist das nicht immer die beste Antwort. Man kann Leute treffen und ich hatte schon sehr interessante Begegnungen im Zug. Aber manchmal möchte man auch arbeiten oder lesen oder ist sogar darauf angewiesen. Auch in der zweiten Klasse.

Das ist oft nicht so einfach, inbesondere wenn das, was man liest oder lesen muss, nicht so fesselnd ist, dass man alles um sich herum vergisst. Gespräche in der Nähe lenken ab, man versucht, ob man will oder nicht, zuzuhören und es zu verstehen oder es ist nicht leicht, das auszublenden. Geschlossene Kopfhörer helfen, vor allem solche mit „Noise Cancellation“. Ein bisschen kann das helfen, oder auch nicht…

Viele Leute führen ihre Gespräche in gedämpfter Lautstärke. Aber problematisch sind vor allem Rentnergruppen. Naturgemäß hören Senioren oft schlechter und reden deshalb automatisch lauter. Schweizer Senioren sind Frühaufsteher, das heißt, sie sind auch morgens zur Hauptverkehrszeit unterwegs. Es ist ja erfreulich, dass Bahnfahren als Verkehrsmittel so beliebt ist. Aber wenn man etwas lesen möchte, wünscht man sich einen Seniorenwagen oder einen Ruhewagen. Kleine Kinder sind auch manchmal laut, aber das finde ich sehr selten störend und von Kindern kann man in der Hinsicht nicht so viel verlangen, außer von denen, die mit 30 geboren wurden. Außerdem gibt es tatsächlich oft einen Familienwagen, den man aufsuchen oder meiden kann, wenn man mag. Das zweite Problem sind Leute, die Musik so laut hören, dass alle im Wagen sie mithören. Man kann lauschen, woher es kommt und die Leute darauf ansprechen. 50% entschuldigen sich und stellen es leiser, die anderen 50% weigern sich in irgendeiner Weise, weil sie nicht wollen oder weil sie es nicht glauben. Die dritte Störfraktion sind diejenigen, die telefonieren. Bei schlechter Verbindungsqualtität, die man unterwegs oft hat, spricht man automatisch lauter, genau wie die Senioren, die nicht mehr ganz so gut hören wie früher. Man kann zum Telefonieren auch kurz in den Eingangsbereich gehen, aber das geht nicht immer, weil es dort oft zu laut ist. Das Problem hat aber stark abgenommen, weil man sich heute eher schreibt als telefoniert… Aber auch ein normal lautes Gespräch mit dem Gegenüber, wie wir es alle gelegentlich führen und führen dürfen, kann schon stören, wenn man in der Nähe sitzt.

Nun wäre also je mindestens ein Ruhewagen in der ersten und in der zweiten Klasse bei Zügen mit mehr als drei oder vier Wagen schon hilfreich. Die bei der SBB einst eingesetzten Ruhewagen und auch die Ruhewagen bei der deutschen Bahn sind fest zugewiesen und haben Aufkleber. Nun kann es sein, dass das Bedürfnis für Ruhewagen an Wochenenden oder auf Ferienreisen weniger ist als auf Routen mit Berufsverkehr. Außerdem macht es das zusammenstellen der Züge schwieriger, weil man noch einen Parameter mehr beachten muss, wo man doch gerade seit gut 10 Jahren durch den Wegfall der Raucherwagen eine schöne Vereinfachung hatte.

Die sinnvollere Lösung wäre, dass man pro Zugfahrt einen Wagen als Ruhewagen, oder z.B. als Familienwagen oder Seniorenwagen deklarieren kann. Das könnten Displays leisten, die das betreffende Piktogramm bei Bedarf anzeigen.

Ich denke, dass man mit diesem Ansatz Ruhewagen zumindest auf Strecken mit Berufsverkehr und auf Langstrecken einführen sollte.

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Bauzeit Fehmarnbeltanbindung

Gemäß nah.sh oder Wikipedia soll für den zweigleisigen Ausbau und die Elektrifizierung die Bahnstrecke von Lübeck nach Puttgarden in ihrem nördlichen Abschnitt für etwa vier Jahre komplett gesperrt werden.

Grundsätzlich sind Baumaßnahmen teurer, wenn der Betrieb dabei aufrechterhalten wird, aber das sollte trotzdem der Normalfall sein und Streckensperrungen sich auf wenige Tage oder maximal Wochen beschränken. In diesem Fall ist es speziell unverständlich, weil ja nicht eine Strecke vorhandene Strecke einfach nur ausgebaut wird, sondern sie ohnehin überwiegend durch eine komplett neu trassierte Neubaustrecke ersetzt werden soll. In den Abschnitten, wo man die Strecke auf dem vorhandenen Verlauf ausbaut, entsteht ein zweites Gleis, das man zunächst mitsamt Oberleitung bauen kann, um dann danach das vorhandene Gleis für höhere Geschwindigkeit herzurichten und ebenfalls auszubauen.

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Duolingo

Duolingo hat seit einiger Zeit die Funktionsweise etwas geändert. Neu kann man einen Kreis, den man einmal geschafft hat, nicht mehr verlieren. Aber jeden Kreis kann man nacheinander auf verschiedenen Leveln abschließen. Nun hat man also die Wahl, den Baum einer Sprache erstmal mit Level 1 („blau“) komplett abzuschließen und dann alles bis zu einem höheren Level zu machen. Oder man kann einen Teil erstmal bis Level 5 machen und geht erst dann weiter nach unten. Wem das unverständlich ist, es ist einfacher das auszuprobieren als es hier zu erklären: Duolingo

Bei Level 5 hat man es komplett geschafft. Die Farben: 0=“grau“ oder „violett“, 1=“blau“, 2=“grün“, 3=“rot“, 4=“rot-orange“, 5=“orange“.

Neuerdings kommen in manchen Sprachen mal Kreise dazu. Bei Spanisch waren es fast 60 und so hatte ich eine Weile, um den ganzen Spanisch-Baum wieder zumindest auf Level 1 geschafft zu haben. Dasselbe ist in Esperanto passiert, wo ich den Baum mal geschafft hatte und jetzt wieder ganz viel violett und sogar grau ist. In geringerem Umfang gab es das auch bei einigen anderen Sprachen, aber nicht bei Russisch und Schwedisch. Also ich habe jetzt den Spanisch-Baum mit Level 1 und den Russisch-Baum mit Level 3 komplett geschafft. Schwedisch habe ich Level 2 schon länger, aber ich arbeite an Level 3. Das kann aber noch eine Weile dauern. Wahrscheinlich werde ich das Set von Sprachen auch mal wieder ändern.

Zur Unterhaltung hier meine Bäume, vom heutigen Stand:

Swedish / Schwedisch 2018-09-16
Schwedisch 2018-09-16
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Hambacher Forst

English

In der Nähe von Köln ist der Hambacher Forst geräumt worden, um die weitere Landschaftszerstörung für den Braunkohletagebau voranzutreiben. Dieser Energieträger ist einfach veraltet und man sollte sich von ihm möglichst schnell verabschieden. Arnold Schwarzenegger hat es in einem Video an „Onkel Donald“ recht gut auf den Punkt gebracht. Was für Nordamerika zutrifft, trifft aber auch für Europa zu. Braunkohle ist noch einmal klimaschädigender als Steinkohle und erst recht als Erdgas oder gar regenerative Energieträger. Es spricht alles dagegen. Allerdings haben die Regierenden mit dem hastigen Ausstieg aus der Kernenergie einen massiven Beitrag zu dieser Fehlentwicklung geleistet.

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Unterirdische Bahnhofserweiterungen

An vielen Bahnhöfen, die ursprünglich rein oberirdisch waren, hat man ergänzende Tunnelbahnhöfe gebaut. Diese dienten der S-Bahn und neuerdings wurden und werden in einigen Fällen auch für den Fernverkehr solche unterirdischen Gleise gebaut. Das bietet bahntechnisch je nach Einzelfall große Vorteile. Man kann den Fahrtrichtungswechsel häufig sparen, der auch mit Steuerwagen und Triebzügen noch mit einem gewissen Aufwand und mit einem längeren Halt verbunden ist. Die Zufahrten zu einem Tunnelbahnhof können häufig etwas schneller befahren werden als oberirdische Gleisanlagen, was bei größeren Bahnhöfen mit entsprechend langgestreckten Gleisanlagen durchaus zeitlich ins Gewicht fallen kann. Und man kann die Gleisanlagen besser entflechten, als mit mehr Zügen aus verschiedenen Richtungen gleichzeitig auf die gewünschten Gleise ein- und ausfahren. Es gibt Kopfbahnhöfe, wie z.B. Stuttgart, Frankfurt oder Zürich, die die Gleisanlagen mit Brückenkonstruktionen einigermaßen leistungsfähig ausgebaut haben. Trotzdem bringen unterirdische Durchgangsbahnhöfe mit ihren zusätzlichen, parallel nutzbaren Einfahrten Vorteile, gerade weil das Bahnsystem davon lebt, dass möglichst viele Züge gleichzeitig für Umsteigeverbindungen halten, egal ob man das zum Taktknotenprinzip macht oder einfach nur so gute Anschlüsse haben will. In Städten wie Madrid, Moskau, St. Petersburg, London oder Paris hat man mehr oder weniger einen Ring von etlichen Kopfbahnhöfen um das Stadtzentrum herum, wo jeweils Züge aus bestimmten Richtungen ankommen oder abfahren. Zum Umsteigen ist das sehr ungünstig, weil man am selben Bahnhof nur oder fast nur Züge findet, die in eine ähnliche Richtung fahren, wie die, aus der man gerade angekommen ist. Es ist also nicht ab und zu Bahnhofswechsel angesagt, sondern fast immer. Nun sind diese Multi-Millionen-Städte natürlich selbst ein wichtiges Ziel und ein hoher Prozentsatz der Reisenden will tatsächlich in diese Stadt und nicht für eine Weiterfahrt umsteigen. Da recht vielleicht eine Metrostation und man kommt dann mit einmaligem oder seltener mehrmaligem Umsteigen schon in die Nähe seines Zieles. Aber da diese Städte naturgemäß wie ein Magnet Bahnverbindungen aus einem mittelgroßen Umland absorbieren, bleibt es doch ein Problem, dass diese Fahrten, bei denen man an der Metropole nur vorbeikommen will, umständlich und zeitraubend sind. Natürlich gibt es für den Bahnhofswechsel gute Metro- oder S-Bahnverbindungen, vielleicht sogar ohne Umsteigen. Aber man muss doch weit gehen, vielleicht mit größerem Gepäck. Dann muss man womöglich noch herausfinden, wie man eine Fahrkarte für diese kurze Metro- oder S-Bahn-Fahrt kaufen kann, weil das nicht in der vorher gebuchten Karte enthalten ist. Bahnhöfe mit Tiefbahnhof für Fernverkehr sind z.B. Bologna Centrale oder Antwerpen Centraal oder Berlin Hauptbahnhof mit dem neuen Nord-Süd-Tunnel. Zürich hat seit wenigen Jahren einen dritten unterirdischen Bahnhofsteil bekommen, der sowohl von Fernzügen als auch von S-Bahnen benutzt wird. Der Citytunnel in Malmö wird auch von schnellen Zügen mit langen Laufwegen benutzt, wobei die Einordnung in Nah- oder Fernverkehr nicht ganz eindeutig ist. Beispiele mit überwiegend für die S-Bahn genutzten Tunnelbahnhöfen unter bestehenden Kopfbahnhöfen kennen wir wohl genug. Das hat man in Paris unter dem Label RER auch gebaut.

In Paris hat man als Kompromiss eine Hochgeschwindigkeitsstrecke um Paris herum gebaut. Kein voller Kreis, aber doch ein Teil davon. Einige Verbindungen an der Stadt vorbei sind so möglich. Da aber etliche Hochgeschwindigkeitsstrecken und sonstige Fernverkehrsstrecken auf Paris zulaufen, ist die Anzahl möglicher Kombinationen recht groß und weil ohnehin die Mehrheit der Fahrgäste tatsächlich nach Paris will, fahren diese Direktverbindungen entsprechend selten. Hätte man aber nur zwischen den Endbahnhöfen Verbindungen, könnte man es schaffen, dass die Züge auf einem gegenüberliegenden Bahnhof enden oder dort sogar nur halten und dann weiterfahren. Dann wären die Verbindungen schon viel besser und man müsste nur einmal umsteigen, wenn das System entsprechend gut gemacht wäre.

Nun haben wir in Mitteleuropa nur wenige Orte, wo diese Multibahnhofs-Situation vorkommt. Ein bisschen ist es in Hamburg so, weil es Züge von Norden gibt, die in Altona enden und Züge von Süden, die im Hauptbahnhof enden. Aber in der Regel ist doch die Verbindung direkt bis zum Hauptbahnhof möglich und man hat fast alle Anschlüsse. Ähnlich ist es in Basel, wo zwar die Fernzüge aus Deutschland und ein großer Teil der S-Bahnen und des Regionalverkehrs aus Richtung Lörrach und Offenburg fast immer bis Basel SBB durchfahren, aber Züge von Schaffhausen und Waldshut enden in Basel Badischer Bahnhof und man muss auch den Bahnhof wechseln. Wien hatte früher Westbahnhof und Südbahnhof und einige kleinere Bahnhöfe, aber es gab jeweils mindestens eine umsteigefreie Tramlinie zwischen jedem Bahnhofspaar. Inzwischen ist am Standort des ehemaligen Südbahnhofs ein neuer Hauptbahnhof gebaut worden, wo die meisten Züge halten. Limburg und Jena und einige andere kleinere Orte haben wirklich zwei Bahnhöfe, die nicht so direkt verbunden sind, dass man beim Umsteigen nur am richtigen Ort aussteigen muss. Das ist aber eher die Ausnahme. Warschau und Brüssel haben jeweils eine teilweise unterirdische Verbindungsstrecke und eine Kette von drei Durchgangsbahnhöfen.

Nun noch einmal zum Thema Stuttgart 21: Die Idee, einen unterirdischen Durchgangsbahnhof für den Fernverkehr zu bauen, war grundsätzlich nie falsch. Zu kritisieren war daran, dass man den oberirdischen Bahnhof komplett aufgeben will und den Durchgangsbahnhof mit acht Gleisen und zweigleisigen Zulaufstrecken völlig unterdimensioniert. Ein guter Weg wäre es gewesen, diesen Durchgangsbahnhof nur für den Fernverkehr zusätzlich zu bauen, eventuell mit nur vier statt acht Gleisen und den Regionalverkehr im Kopfbahnhof zu belassen. Oder ihn mit acht Gleisen, wie derzeit in Bau, fertigzustellen, um dann oberirdisch etwa acht bis zehn Gleise des Kopfbahnhofs für den Regionalverkehr beizubehalten. Oder ihn mit viergleisigen Zulaufstrecken und zwölf Gleisen zu bauen, und dann tatsächlich auf den oberirdischen Bahnhofsteil zu verzichten. Da jetzt bereits ein Teil der unterirdischen Anlagen gebaut ist, kann man den mittleren Weg weitergehen, also einfach ein paar Gleise des Kopfbahnhofs zusätzlich beibehalten. Das ist der Vorschlag des VCD. Die unter dem Namen „Umstieg 21“ kursierenden Ideen sind abstrus bis absurd. Man will die unterirdischen Anlagen gar nicht bauen, sondern sie als Parkhaus, Bushaltestellen, Museen etc. nutzen, also auf die Vorteile, die diese Anlagen bieten könnten verzichten. Entweder sind diese Leute nicht sehr klug oder sie verfolgen in Wirklichkeit eine andere Agenda. Man kann sich leicht überlegen, dass es sowohl der Auto- und Flugzeug-Lobby eine große Freude bereiten würde, wenn man dort ein paar Milliarden abschreibt und dann in der Folge jahrzehntelang größere Investitionen in die Bahninfrastruktur im Raum Stuttgart blockiert wären. Man gewinnt Zeit. Sieht man die Editier-Historie des Wikipedia-Artikels an, so ist dort ein User Traumflug besonders engagiert, was für die Vermutung sprechen könnte, dass Umstieg 21 aus dem Dunstkreis der Luftverkehrslobby gespeist wird, natürlich rein informell. Ich halt das „Umstieg 21“-Projekt für eine Schnapsidee einer kleinen Gruppe, die eventuell gezielt Input von einer Interessengruppe (ADAC, Autoindustrie, Ölindustrie, Luftfahrtindustrie o.ä.) bekommen hat oder die einfach nur dumm sind. Diese Gruppe missbraucht Wikipedia, um sich Relevanz zu schaffen oder anderen Relevanz vorzutäuschen.

Ähnliche Gedanken drängen sich auch bei der Gruppe „Baden 21“ auf, die legitime und verständliche Interessen bezüglich Lärmschutz aufgegriffen hat, aber dann Forderungen aufgestellt hat, die primär dem Fernverkehr schaden, z.B. dass der Katzenbergtunnel, also ein bereits fertiggestetlltes 20 km langes Stück Hochgeschwindigkeitsstrecke nördlich von Basel, das die größte Langsamfahrstrecke zwischen Basel und Karlsruhe umfährt, nur noch von Güterzügen befahren werden darf und dass alle ICEs die langsame Strecke fahren müssen. Das haben sie nicht erreicht, aber sie haben doch erreicht, dass die Fertigstellung einer schnellen IC/ICE-Strecke für Tempo 200 bis 250 zwischen Karlruhe und Basel sich um mindestens 20 Jahre verzögert. Darüber freut man sich bei den entsprechenden Interessengruppen für Auto und Flugzeug bestimmt. Ob es Zufall ist oder ob z.B. ADAC oder Autoindustrie einen Strohmann aufgebaut haben, der die Führung in dieser Gruppe übernommen hat, weiß ich nicht. In diesem Fall ist die Gruppe in dem Sinne relevant, weil dort eine große Zahl von Menschen beteiligt war, aber die meisten sind keine Spezialisten für Bahnthemen, was einigen bahnfeindlichen oder dummen Spezialisten erlaubt hat, diese Gruppe teilweise für ihre Agenda zu kapern.

Man sollte also auch wohlmeinende, vermeintlich wohlmeinende oder eben auch offensichtlich dumme oder schlimmere Bürgerinitiativen kritisch unter die Lupe nehmen und das Gesamtziel, den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten mit den legitimen lokalen Zielen in Einklang bringen aber die Verhältnismäßigkeit wahren. Es ist nicht unbedingt sinnvoll, wenn vornehmlich Schienenprojekte bekämpft werden und dann viel teurer gebaut werden müssen oder gestrichen werden, aber Straßen- und Flughafenprojekte letztlich durchgedrückt werden. Es ist wichtig, dass man nicht nur Straßen, sondern auch Bahnstrecken mit verhältnismäßigem Aufwand bauen kann und darf.

Ich wohne selbst direkt neben einem Bahnhof, wo tausend Züge pro Tag verkehren. Es sind wirklich so viele, das ist keine daher gesagte große Zahl. Darunter sind sowohl tagsüber als auch vor allem nachts auch viele Güterzüge. Man gewöhnt sich daran, besser als an Flug- oder Straßenlärm. Und man hat auch Möglichkeiten, Züge mit besseren Drehgestellen, Bremsen u.s.w. auszustatten, dass sie leiser sind. Als ich mal auf einer Brücke stand, fuhr unten ein Motorrad mit einer Person (maximal 100 km/h) und ein ICE mit Platz für fast 800 Personen mit vermutlich 250 km/h durch. Das Motorrad war viel lauter… Würde man nur alle Güterzüge mit so guten Drehgestellen ausstatten wie die ICEs, wäre das Lärmproblem fast vollständig beseitigt und es gibt wohl Kompromissmöglichkeiten, die sowohl bezahlbar als auch wirkungsvoll sind…

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Alterung von Brücken

Viele Brücken sind in den 50er, 60er und 70er Jahren gebaut worden. Je nach Belastung, Konstruktionsmethode und Qualität der Arbeit werden nun viele davon reparaturbedürftig oder müssen ersetzt werden. Oder man verzichtet auf sie. In seltenen und tragischen Fällen, wie jetzt in Genua, stürzen Brücken sogar ein.

Andererseits wäre das auch eine Chance, Fehlentwicklungen zu korrigieren, die viel zu wenig genutzt wird.

Ein paar Fragen, die man sich stellen könnte:

  • Reicht es eventuell aus, statt eines kompletten Brückeneubaus eine zweispurige Brücke für Lkws und Busse daneben zu bauen und die alte Brücke nur mit Fahrzeugen bis zu wenigen Tonnen Gewicht noch viele Jahre sicher zu betreiben?
  • Kann man auf weniger verkehrsreichen Strecken eine Brücke sparen, wenn man darauf verzichtet, eine Straße für den MIV durchgängig kreuzungsfrei zu halten, und sie durch einen Kreisel oder eine Ampel ersetzen?
  • Kann man in Verbindung mit einer kapazitätsoptimalen Geschwindigkeitsbeschränkung die Anzahl der Spuren verkleinern statt vergrößern und dadurch Kosten sparen?
  • Kann man schmalere Spuren bauen und eine niedrigere Geschwindigkeitsbeschränkung festlegen, um bei gleichem Sicherheitsniveau Kosten zu sparen?
  • Kann man beim Brückenneubau moderne, umweltfreundliche und energieeffiziente Fahrzeuge wie Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel stärker berücksichtigen? Also auf jeden Fall eine Nutzung für Radfahrer auf dem Radweg oder auf der Fahrbahn berücksichtigen und wo sinnvoll Gleise für Bahn oder Straßenbahn aufnehmen?
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Luzern Tiefbahnhof und Gotthard-Anbindung

Die Schienenanbindung des neuen Gotthard-Basistunnels sieht auf den ersten Blick so aus, dass man einfach die vorhandenen Strecken beibehalten hat. Auf den ersten Blick klingt das plausibel, ist doch die neue Strecke zweigleisig und die Zufahrtsstrecken nach Norden und nach Süden haben zusammen auch mindestens zwei Gleise. Die Bergstrecke wird nur noch als Ausweichstrecke, für Regionalverkehr und für touristische Züge benutzt, trägt aber nur noch einen sehr kleinen Teil des Durchgangsverkehrs, den man fast vernachlässigen kann.

Da der Tunnel aber eine Sprachgrenze ist, gibt es naturgemäß südlich und nördlich davon relativ dichte und dicht befahrene Netze von Regionalverkehr, deren Dichte jeweils in Richtung Alpen abnimmt. So teilen sich Fernverkehr und Güterverkehr die Zulaufstrecken mit vielen S-Bahnen, Regionalzügen oder auch Fernzügen, die auf ihrer Seite der Alpen bleiben, z.B. die Interregio-Linie von Basel nach Erstfeld.

Man sollte nicht vergessen, dass diese Nord-Süd-Verbindung nicht nur den Reiseverkehr beschleunigt und verbessert hat, sondern auch zu einem sehr großen Teil dem Güterverkehr dient. Dieser profitiert wegen der höheren Zugmasse besonders von den gesparten Höhenmetern.

Nun sieht man, dass die Güterzugstrecke (rot) von Basel bis zum Gotthardbasistunnel einen anderen Weg nimmt als der Fernverkehr (blau) von Basel:

Schienenanbindung Basel – Gotthard

Die Güterzugstrecke ist durchgängig zweigleisig, macht einige Umwege, aber die Trennung von Güterverkehr und Reisezugverkehr bringt bei der hohen Zahl von Güterzügen Vorteile, zumal die Route über Luzern für Güterverkehr wegen fehlender Verbindungskurven und extrem knapper Kapazität im Raum Luzern für Güterverkehr völlig ungeeignet ist. Die Güterzugstrecke ist aber andererseits auch nicht ausschließlich dem Güterverkehr vorbehalten. Überall verkehren außerdem Regionalzüge oder Interregios, aber man führt z.B. die schnellsten Züge von Zürich nach Basel über den Umweg (fast) via Olten und damit praktisch komplett getrennt von dieser Route.
Basel – Zürich

Nun ist die zweitwichtigste, im Reisezugverkehr wohl sogar die wichtigste Verbindung nach Zürich. Diese trifft sich in Arth-Goldau mit der Verbindung von Basel (sowohl Güter- als auch Fernverkehr).

Zürich – Gotthard

Wie sehen nun die Fernverkehrstrecken aus? Diese haben einige Engpässe. Die Strecke von Basel nach Arth-Goldau wird zwischen Basel und Olten gemeinsam vom relativ dichten Regionalverkehr und vom Fernverkehr von Frankreich/Deutschland/Basel in Richtung Bern, Zürich und Luzern/Gotthard/Tessin/Italien benutzt. Zwischen Luzern und Olten fahren dort auch die Züge von Bern nach Luzern. Wirklich eng wird es in Luzern, wo die Zulaufstrecke bis kurz vor dem Bahnhof zweigleisig bleibt und die Einmündungen der Bahnstrecken von Langau, Lenzburg, Zürich und Arth-Goldau (und weiter durch den Gotthardbasistunnel ins Tessin und nach Italien) sind alle höhengleich, also ohne Brücken. Das macht den Luzerner Bahnhof, der selbst mit 16 Gleisen, wovon 14 in Benutzung sind, sehr großzügig angelegt ist, zu einem Engpass wegen der Zulaufstrecken. Ab Luzern ist die Strecke in Richtung Arth-Goldau dann zunächst eingleisig und später wird sie wiederum mit dem Güterverkehr und mit dem Verkehr aus Zürich auf zwei Gleisen gemeinsam geführt, in einem Bereich, wo der reine Nordalpenverkehr noch relativ dicht ist.

Die Zulaufstrecke von Zürich ist bis Thalwil insgesamt mit vier Gleisen gut ausgestattet, auch wenn diese von diversen S-Bahn-Linien und dem Verkehr in Richtung Graubünden noch genutzt werden. Ab dort ist die Strecke bis Baar überwiegend eingleisig. Es gibt mit der Sihltalbahn eine zweite Strecke, die wie die N 4 durch das Sihltal verläuft. Diese hat aber ein anderes Stromsystem und wird in ihrem südlichsten Abschnitt seit etwa 12 Jahren nicht einmal planmäßig befahren. Eine dritte Strecke verläuft von Zürich durch das Knonauer Amt nach Zug und wird nur von der S-Bahn genutzt. Südlich von Zug ist die Strecke bis Arth-Goldau wiederum überwiegend nur eingleisig. Die eingleisigen Streckenabschnitte sind sicher mindestens fragwürdig, zumal die Parallelstrecken für den Fernverkehr wegen Fahrtrichtungswechseln, dichtem S-Bahn-Verkehr und im Fall der Sihltalbahn wegen des Stromsystems für den Fernverkehr ungeeignet sind. Zwischen Zug und Zürich ist Abhilfe zumindest geplant, weil der sogenannte Zimmerberg-Basistunnel ab Thalwil fertiggestellt werden könnte und dann gäbe es durchgängig von Zürich bis Zug mindestens zwei und überwiegend drei bis vier Gleise auf dieser Route und es ließe sich noch eine weitere Fahrzeitverkürzung von Zürich nach Luzern und in Richtung Italien erreichen.

Es bleibt die Frage des Fernverkehrs von Basel über Luzern. Dieser macht einen erheblichen Umweg. Man hat in den 70er Jahren einen Fahrradverbotstunnel und eine westliche Umfahrung für unsere autofahrenden Freunde auf dem kürzesten Weg von Basel und Luzern zur Gotthard-Route gebaut (braun). Der schnellste Weg für Radfahrer ohne Fahrradverbote war die N2 und hat einen ähnlichen Verlauf wie die Bahnstrecke (grün). Ein Gebiet westlich des Vierwaldstätter Sees ist damit zur reinen Autozone gemacht worden, wie z.B. Öland oder Kristiansund. Eventuell könnte man durch eine Stillegung oder Kapazitätsreduzierung dieser Route die Stausituation auf der Gotthardroute entschärfen. Das wäre natürlich zu analysieren.

Straßen von Basel zum Gotthardgebiet

Nun gibt es zwischen Göschenen und Andermatt die Schöllenenschlucht, die Radfahrer befahren konnten, um Fahrradverbotstunnel zur Querung der Alpen zu umfahren, aber nun hat man für dieses Teilstück auch ein Fahrradverbot verhängt, an das sich zum Glück kaum ein Radfahrer zu halten scheint. Aber damit könnte man als Radfahrer die Alpen in der Schweiz nur noch mit zusätzlichen 100 km Umweg queren, wenn es beachtet würde. Und es gäbe auch auf der Nordrampe von Gotthardpasses, Furkapass und Oberalppass eine reine Autozone.

Es wurde einmal diskutiert, auch die Bahnstrecke von Basel zum Gotthard-Basis-Tunnel für den Fernverkehr und eventuell für einen Teil des Güterverkehrs westlich am Vierwaldstättersee vorbeizuführen. In Verbindung mit einem Ausbau in Luzern, wie z.B. Tiefbahnhof Luzern könnte der Fernverkehr erheblich beschleunigt werden, weil eine langsame und auf der ganzen Länge überlastete Strecke durch eine kürzere und durchgängig für Geschwindigkeiten >= 180 km/h befahrbare Strecke ersetzt würde. Und es könnten Kapazitäten zwischen Luzern und Erstfeld besser für Güter- und Regionalverkehr sowie den Verkehr von Zürich genutzt werden. Im Moment setzt man aber auf einen verstärkten Ausbau der vorhandenen Strecke.

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Die Karten wurde von Openstreetmap gewonnen und durch Einzeichnen von Routen geringfügig modifiziert. Sie unterstehen der Lizenz CC BY-SA 2.0 (Create Commons).

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Ländervergleich Investitonen Schiene

Es ist interessant, wie verschieden die Priorität des Schienenverkehrs bei den Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur in verschiedenen Ländern ist.

Hier kam mal wieder ein Vergleich der Allianz pro Schiene, bei dem Deutschland ziemlich mittelmäßig abschneidet… Oder man kann statista.com anschauen… Auch die NZZ äußert sich dazu.

Man sollte immer beachten, dass Investitionen in Verkehrsinfrastruktur in der Regel für eine Zeit von vielen Jahrzehnten genutzt werden, gewisse Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen vorausgesetzt. Es ist also interessant, was in den letzten Jahrzehnten gelaufen ist.

Die Bahnnetze in Europa und Nord- und Südamerika sind zu einem großen Teil im 19. Jahrhundert gebaut worden, zum Teil noch in bis in die 20er Jahre, aber danach gab es jahrzehntelang nur noch minimale Erweiterungen. Nun eignen sich Bahnstrecken aus dem 19. Jahrhundert durchaus dazu, dort 200 km/h oder mehr zu fahren, wenn man sie entsprechend ausbaut und wenn damals vorausschauend gebaut worden ist oder es wegen des Geländes einfach war, geradeaus und mit großen Kurvenradien und geringen Steigungen zu bauen.

Aber im 19. Jahrhundert saß auch der eine oder andere Onkel General mit am Tisch, als die Bahnstrecken geplant wurden und man baute nicht unbedingt so, wie es für den Verkehr optimal war, sondern musste auch „strategische“ Gesichtspunkte berücksichtigen. Ein krasses Beispiel dafür ist das Bahnnetz in Schweden, wo viele wichtige Strecken nicht an der Küste verlaufen, wo die meisten Menschen wohnen, sondern weit im Landesinnern.

Außerdem haben sich Siedlungs- und vor allem Wirtschaftsstrukturen seitdem geändert.

Nun baut man einerseits Hochgeschwindigkeitsstrecken neu, andererseits S-Bahn-Systeme. Gelegentlich entstehen auch Güterzugstrecken. Von der Streckenlänge ist das aber nur ein Bruchteil des vorhandenen Netzes, von Ausnahmen wie z.B. Spanien oder China abgesehen, wo man quasi in den letzten Jahrzehnten daran ist, ein komplett neues Bahnnetz auf Hochgeschwindigkeitsstandard zu bauen.

Im Straßenbau wurde etwa seit den 20er Jahren viel Geld aufgewendet. Und es wurden großzügige Straßen zu einer Zeit gebaut, als die Anforderungen noch niedrig waren und man kostengünstig bauen konnte.

Andererseits unterscheiden sich Länder darin, wie gut die Bahnnetze vor dem zweiten Weltkrieg ausgebaut wurden. Italien hat schon in den 20er und 30er Jahren Hochgeschwindigkeitsstrecken im damaligen Sinne gebaut, die sich mit 180 km/h und vielleicht mit etwas Verbesserungen auch mit 200 km/h befahren ließen, wohlgemerkt in gebirgigem Gelände, wo es nicht automatisch so herausfällt. Großbritannien hatte im 19. Jahrhundert sehr viel Geld und eine sehr starke Wirtschaft und man hat das Bahnnetz sehr großzügig ausgebaut. Die Strecken sind sehr gerade und oft viergleisig. In anderen Ländern waren und sind durchaus wichtige Hauptstrecken über längere Strecken nur eingleisig. Dafür finden sich einige Beispiele in Deutschland, z.B. zwischen Münster und Dortmund oder zwischen Stuttgart und Zürich. In der Schweiz ist das sehr häufig der Fall. Dort sind viele wichtige Strecken über längere Strecken nur eingleisig, z.B. Zürich-Schaffhausen, Zürich-Chur, Zürich-Zug, Zug-Arth-Goldau, Zug-Luzern, Bellinzona-Locarno, Visp-Spiez, Bern-Neuenburg, um einige Beispiele zu nennen. Auch hat man in anderen Ländern die Standardgeschwindigkeit von etwa 160 km/h für normal ausgebaute Hauptstrecken vorgesehen, natürlich nur dort, wo Gelände, Trassierung und Ausbau es erlauben. In der Schweiz findet man Geschwindigkeiten über 160 km/h fast nur auf den wenigen komplett neu gebauten Strecken und über 140 km/h auch nur auf einigen wenigen Streckenabschnitten, wie man bei Openrailwaymap sehen kann. Andererseits hat man in der Zeit, als die Bahnstrecken im großen Stil gebaut wurden, eindrucksvolle Bahnstrecken über die Alpen gebaut. Und damals war die Schweiz eines der ärmeren Länder in Europa.

Es wurde sicher viel getan, um den Bahnverkehr in der Schweiz zu verbessern, und die Projekte, in die investiert wurde, wurden durchaus in den meisten Fällen sinnvoll gewählt. Aber verglichen mit England und Italien hat die Schweiz aus der Zeit bis etwa 1930 ein in vielen Aspekten bescheideneres Bahnnetz geerbt.

Die Zahlen für die einzelnen Länder sind sicher nicht so einfach zu vergleichen, aber es bleibt die Gesamtaussage, dass in fast allen Ländern Europas die Investitionen in Verkehrsinfrastruktur sehr einseitig für Straßen und dort wiederum speziell für Autos aufgewendet wurden, wenn man einen Zeitraum von etwa 50-100 Jahren betrachtet, was man tun sollte.

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Nahverkehr in Köln

Der Nahverkehr in Köln ist interessant, gerade weil viele Fehler gemacht wurden und so recht viel Geld aufgewendet wurde, ohne den maximalen Gegenwert dafür zu erzielen. Es gibt aber andererseits auch Projekte, die durchaus interessant und vielversprechend für die Zukunft sind.

Modal Split sieht so aus, dass etwa 40% der Wege mit dem MIV zurückgelegt werden. Das ist etwa Mittelfeld für deutsche Großstädte und z.B. schlechter als die Werte von Zürich oder Bern. Millionenstädte haben oft Schwierigkeiten, die großen Verkehrsmengen mit dem MIV zu bewältigen oder schaffen dies nur durch exzessive Inanspruchnahme von Fläche und mit vielen Staus zur Hauptverkehrszeit. Andererseits haben sie oft exzellenten ÖPNV und es lohnt sich bei der Größe ein guter schienengebundener ÖPNV und insbesondere ein Metro-System. Es besteht die Möglichkeit dazu, ÖPNV auf sehr hohem Niveau anzubieten, vor allem, wenn man durch ein bisschen Raumplanung oder einfach durch historische Gegebenheiten exzessive Zersiedlung vermieden hat. Gemäß Köln Mobil 2025 ist die Stadt offiziell bestrebt, den MIV-Anteil bis 2025 auf unter ein Drittel zu bringen. Man sieht aber zumindest, dass luxuriöse Straßen für den MIV gebaut werden und dass diese sehr oft Fahrradverbote aufweisen, die das Fahrrad durch zusätzliche Ampeln und Umwege stark verlangsamen. Der Stadtplan sieht aus genügend Entfernung ein bisschen ähnlich wie der von Kiew aus. Es gibt einen Fluss und die Altstadt ist auf der Westseite konzentriert, während auf der Ostseite neuere Stadtteile sind, die hauptsächlich zum Wohnen dienen. Es gibt am Westufer eine Straße parallel zum Flussufer und ein paar Halbkreisbögen. Nun ist Kiew dreimal so groß wie Köln, das Straßennetz in Kiew ist viel besser durchdacht, der Dnjepr in Kiew ist viel größer als der Rhein in Köln und Kiew ist noch ziemlich hügelig, während Köln flach ist. Und Kiew ist eine sehr fahrradfreundliche Stadt, was man über Köln sicher nicht sagen kann, auch wenn es im Vergleich mit anderen deutschen Städten noch relativ gut abschneidet. Aber heute geht es um Köln. Hier die Stadtpläne von Köln und Kiew, nur für die optische Ähnlichkeit.

Open Streatmap Köln

Openstreetmap Kiew
Openstreetmap Kiew

Wie sieht es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln aus? Man hat hier zu einem großen Teil auf unterirdische Straßenbahnen gesetzt, die dann als „U-Bahn“ bezeichnet werden, aber keine echte Metro sind. Meistens sind die Linien gemischt, es gibt also Abschnitte, die unterirdisch oder aufgeständert oder sonstwie komplett vom restlichen Verkehr getrennt gebaut sind und andererseits ebenerdige normale Tram-Abschnitte. Das ganze Netz wird als Stadtbahn Köln bezeichnet.

Das bauen der Tunnel oder teilweise aufgeständerter Abschnitte kostet sehr viel Geld und macht die Tramlinien erheblich schneller. Aber es hat auch Nachteile: Der Zugang zu den Stationen ist zeitaufwändiger, weil man über Treppen überhaupt nur zur Haltestelle gelangt, die sonst ebenerdig sein könnte. Allerdings ist auch das nicht immer so gut. Ich habe schon einen vermeitlich sicheren Anschluss an einer Kreuzung, wo sich zwei ebenerdige Tramlinien kreuzen, verpasst, weil die Wartezeiten an den Ampeln zu lang waren. In der Zeit wäre man leicht in einem oberflächennahen Tunnel gewesen, natürlich nicht einer der bis zu 160 Meter unter der Erde liegenden Metrostationen in Kiew. Die Kapazität der Tunnelstrecken ist kleiner, weil man nicht mehr oder nicht mehr so gut wie an der Oberfläche auf Sicht fahren kann und so größere Abstände zwischen den Fahrzeugen und ein Signalsystem benötigt werden. Andererseits werden aber Züge wie auf normalen Tramlinien eingesetzt, die im Vergleich zu den meisten Metro-Zügen relativ kurz und schmal sind. Es ging Flexibilität bei der Gestaltung des Liniennetzes verloren, was das normale Liniennetz und auch Störungen betrifft. Während ein komplett überirdisches Tramnetz typischerweise bei der Kreuzung von zwei Strecken alle sechs Fahrkombinationen ermöglicht, so dass man auf andere Strecken ausweichen kann, wenn es nötig ist oder die Linien leicht ändern kann, sind diese Verknüpfungsmöglichkeiten unterirdisch sehr teuer zu bauen, so dass man nur die konkret unmittelbar benötigten Äste baut. Zwischen überirdischen und unterirdischen Linien, die sich kreuzen, gibt es gar keine Verbindungen. So muss man bei einer Störung einen sehr weiträumigen Umweg fahren.

Im Vorgriff auf ein richtiges Metro-System hat man einige Linien konsequent mit Hochbahnsteigen ausgebaut, was das Ein- und Aussteigen beschleunigt und kostengünstigere und wohl auch robustere Fahrzeuge ermöglicht als die Niederflurtechnologie. Das ganze Netz auf diese Technologie umzubauen, wurde dann aber doch zu viel und so entschied man sich, das Tram-Netz bzw. „U-Bahn-Netz“ in zwei verschiedenen Bahnsteighöhen zu bauen. Es gibt Fahrzeuge, die für eine Übergangszeit mit beiden Bahnsteighöhen zurechtkommen, aber das ist für die niedrigen Bahnsteige nicht ideal und man versucht wirklich, Linien mit einheitlichen Bahnsteighöhen zu haben. Nun kann man Linien nicht mehr mischen, was ärgerlich ist, wo sich zwei Strecken treffen und dann wieder auseinander führen, wobei auf jedem der vier Streckenäste zwei Linien verkehren. Es wäre sehr elegant, hier zwei Linien die Strecken tauschen zu lassen, um möglichst viele Verbindungen umsteigefrei anzubieten, insbesondere z.B. vom Norden der Stadt zum Hauptbahnhof und zu den weiter westlich gelegenen „Ringen“. Aber das geht nicht, die Linien berühren sich nur und die beiden Linien des westlicheren Zweiges führen ab der Umsteigestelle Ebertplatz nach Südwesten zu den Ringen, während die beiden Linien des östlicheren Zweiges zum Hauptbahnhof geführt werden. Diese Zweiteilung zieht sich durch das ganze Netz und behindert überall die Erstellung eines optimalen Liniennetzes. Und sie erschwert nochmal mehr Umleitungen bei Baustellen und Störungen.

Beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn ist die Tunnelbaustelle eingestürzt und es gab dabei einige Todesopfer. Die Folgekosten liegen bei fast einer Milliarde EUR und die Nord-Süd-Stadtbahn wird nun auch erst etwa 10 Jahre später fertig, als ursprünglich geplant. Auf jeden Fall hat man sehr fleißig oberirdische Tramlinien abgebaut, die irgendwann Jahrzehnte später durch eine Tunnellösung ersetzt werden oder ebenerdig wieder neu aufgebaut werden. So ist das Netz heute insgesamt viel kleiner und grobmaschiger, als es in früheren Zeiten war, aber man ist heute ganz klar dabei, es (wieder) zu erweitern. Tramstrecken reichen bis zu abgelegenen eingemeindeten Stadtteilen im Norden. Im Osten und Westen werden Nachbarorte erreicht und im Süden reichen zwei Linien sogar auf verschiedenen Wegen bis nach Bonn. Sie verlaufen beide westlich des Rheins, die Rheinuferbahn in der Nähe des Ufers und die Vorgebirgsbahn über einen Bogen nach Westen via Brühl. Eine dritte Tram-Verbindung nach Bonn wird ernsthaft diskutiert (Generalanzeiger, Rhein-Sieg-Anzeiger, Rhein-Sieg-Anzeiger: Routenvarianten). Diese sollte dann östlich des Rheins verlaufen. Eine Schwierigkeit ist nur, dass die Linie, die auf dem Ostufer am weitesten nach Süden läuft, die falsche Technologie bezüglich Bahnsteighöhen hat und so wird eher eine neue kombinierte Brücke im Süden Kölns in Betracht gezogen, die dann eine Linie mit der richtigen Bahnsteighöhe ermöglicht. Die Geschichte der Kölner Straßenbahn zeigt, dass das Liniennetz bis in die 50er Jahre viel dichter war und dann 1960 schon viele Stillegungen erfahren hatte. Hier sieht man die Tramnetze von 1960 und heute im Vergleich:

Kölner Tramnetz 1960
Kölner Tramnetz 1960
Kölner Tramnetz heute
Kölner Tramnetz heute

Ein bisschen unverständlich wirkt der erwogene Umbau der Ost-West-Linie, die heute oberirdisch verläuft, in eine Tunnelstrecke. Diese Ost-West-Linie ist heute oberirdisch gut ausgebaut und man kommt auf ihr einigermaßen schnell voran.

Es zeichnet sich ab, dass die Nord-Süd-Strecke wieder weitergebaut werden kann. Sie soll dann irgendwann mit neuen oberirdischen Gleisen wieder südliche Stadtteile erschließen, die einmal Straßenbahnen hatten. Und sie soll der Uferlinie, die bis nach Bonn führt, eine schnellere Anbindung in Richtung Hauptbahnhof ermöglichen.

Interessanterweise hört man nicht viel davon, dass in Richtung Norden, also nach Düsseldorf, Straßenbahnstrecken kommen sollen. Dort ist die Gegend auch dicht besiedelt und man hätte unterwegs viele Einwohner, denen man eine bessere ÖV-Anbindung schaffen könnte.

Das zweite System des Schienenverkehrs sind die S-Bahnen. Diese fahren bis weit ins Umland oder in die großen Nachbarstädte und sind innerstädtisch sehr schnell, wenn man zufällig in der Nähe eines der Bahnhöfe positioniert ist und sich auf die Zeiten einrichten kann. Das ganze zusammen mit dem sonstigen Regionalverkehr der Bahn und den Linienbussen ist Teil des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg, der insbesondere auch Bonn umfasst.

Was offensichtlich sehr hilfreich wäre, wäre ein einheitliches Tramsystem, bei dem alle Fahrzeuge uneingeschränkt auf allen Linien bzw. an allen Haltestellen verkehren können. Und nach Abschluss des Nord-Süd-Tunnels wohl eher ein Ausbau der oberirdischen Tramlinien, außer man entschließt sich, ein richtiges Metrosystem zu bauen, bei dem die einzelnen Züge mehr Leute befördern können und das auch tendenziell etwas höhere Geschwindigkeiten erlaubt.

Etwas bizarr ist, dass zu Tagen mit sehr hohem Verkehrsaufkommen, wie z.B. bei Karneval, nachts nur selten gefahren wird und man zum Teil eine halbe Stunde auf die nächste Straßenbahn warten muss, die dann eventuell noch so voll ist, dass man sowieso nicht mehr mitkommt. Wieso kann man bei solchen Gelegenheiten nicht nachts so häufig fahren wie tagsüber?

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